Wirtschaft

Heftige Machtkämpfe um die OMV

Um den heimischen Öl- und Gaskonzern OMV, Österreichs bedeutendsten Energieversorger, spielt es sich derzeit turbulent ab. Unterschiedliche Meinungen zwischen Management und Aufsichtsräten über die weitere Strategie des Großkonzerns, Streitereien und eine spannungsgeladene Atmosphäre im Vorstand sowie eine ziemlich ratlose Politik, wie das Chaos rund um die gewichtigste Beteiligung der Republik Österreich aufgeräumt soll. Immerhin hält der Bund über die Staatsholding ÖIAG 31,5 Prozent am knapp 27.000 Mitarbeiter großen börsenotierten Energiekonzern.

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Der für Exploration und Produktion (Öl- und Gasförderung) zuständige VorstandJaap Huijskeswirft bereits das Handtuch.Am Montag gab die OMV völlig überraschend bekannt, dass sich Huijskes im ersten Halbjahr 2016 verabschiedet, sein Vertrag wäre bis Ende September 2018 gelaufen. Dass dafür ausschließlich familiäre Gründe ausschlaggebend seien, kann man glauben oder nicht. ÖIAG-VorstandRudolf Kemler hatte Huijskes im Sommer im KURIER-Interview noch als seinen Favoriten für die Nachfolge von OMV-BossGerhard Roiss genannt.

Der nächste Paukenschlag erfolgte am Dienstag, am Vorabend der für zwei Tage anberaumten Aufsichtsratssitzungen der OMV. Kemler soll Roiss erklärt haben, er wolle mit ihm über eine vorzeitige Auflösung seines Vertrages (läuft bis Ende März 2017) verhandeln. Roiss, der im Vorjahr einen Rekordgewinn einfuhr, soll empört gewesen sein. Offiziell freilich wird das Gespräch von keiner Seite bestätigt.

Über die Hintergründe kann man nur spekulieren, denn inzwischen ist für Außenstehende kaum noch ein Überblick über das heftige Hauen und Stechen möglich. Insider vermuten stark, dass der Staatsfonds von Abu Dhabi (IPIC), der seinen 24,9-prozentigen Anteil an der OMV mit der ÖIAG syndiziert hat, Roiss loswerden will. Mit der Begründung, die OMV fahre bei der Konzentration auf die Exploration, den wichtigsten Gewinnbringer des Konzerns, eine zu riskante Strategie.

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Die Attacken auf den OMV-Chef könnten allerdings auch mit der Eigenständigkeit von Roiss zu tun haben, der sich im Interesse der OMV nicht den Wünschen der Miteigentümer vom Golf beugen will. So sollen die Abu Dhabis nach wie vor Ambitionen haben, den gemeinsamen Kunststoffhersteller Borealis einzukassieren. Borealis macht mehr als acht Milliarden Euro Umsatz und lieferte im Vorjahr 423 Millionen Euro Gewinn ab.

Inzwischen ist auch die Regierung über die Vorgänge bei der OMV alarmiert. Kann aber wegen der Eigenständigkeit der ÖIAG nicht eingreifen. "Höchste Zeit, dass das ÖIAG-Gesetz geändert wird und die Republik wieder selbst über ihr Eigentum verfügen kann", wollen Rot und Schwarz so rasch wie möglich die ÖIAG und deren Aufsichtsrat neu ordnen. Und Gerhard Roiss unterstützen.

Kemler dementiert inzwischen Ambitionen auf den Job von Roiss. Fragt sich nur, wie lange sich Kemler noch als ÖIAG-Vorstand hält. Sein Vertrag läuft zwar bis November 2017, doch heuer muss der Aufsichtsrat entscheiden, ob Kemler tatsächlich bis 2017 bleibt oder schon zwei Jahre vorher abtreten muss.

Für Unbehagen unter den Aufsichtsräten sorgt eine unter Verschluss gehaltene Studie des internationalen Beraters MTG, die dem KURIER vorliegt. Der Consulter analysierte das Ziel der OMV, die Öl- und Gasförderung bis 2016 insgesamt auf 400.000 Barrel Öläquivalent (BOE) pro Tag zu steigern. MTG hält allerdings nur 340.000 bis maximal 350.000 Barrel für realistisch und zeigt externe und interne Risiken auf.

Die 400.000 Barrel seien "sehr ambitioniert und die Optimal-Projektion, also unter der Annahme, dass die Förderung in Libyen wieder voll läuft", heißt es in der OMV. Daraus habe das Unternehmen aber nie ein Geheimnis gemacht. Der Consulter sei für eine "schonungslose externe Sicht" beauftragt worden. Gemeinsam lote man derzeit das interne Verbesserungspotenzial aus, erklärt die OMV dazu.