Wirtschaft

Hanfrausch im Wilden Westen

Troy Dayton ist kaum zu bremsen. "Lassen wir Amerikas nächste große Industrie entstehen", ruft der 40-Jährige sein Publikum auf. Der Kalifornier wirbt nicht etwa für Autos, Computer oder Bausparverträge, sondern für etwas, wofür man in Teilen der USA eingesperrt wird: den Handel mit Marihuana. In den 90ern hat er als College-Student für die Freigabe der Droge gekämpft. Heute ist Dayton Chef von ArcView, einer Investoren-Plattform, die Geld einsammelt und den Markt erforscht, natürlich rund um die berauschende Hanfpflanze.

Colorful Colorado

Dayton sieht riesiges Potenzial: "Der Marihuana-Markt wird rascher wachsen als jener für Smartphones." Derzeit würden in den USA mit der Droge auf legalem Weg 1,5 Milliarden Dollar umgesetzt. Das betrifft jene 20 Staaten, in denen der Konsum von Marihuana-Produkten zumindest aus medizinischen Gründen erlaubt ist. Vorreiter war Kalifornien, wo es den "Joint auf Rezept" seit 1996 gibt. Das neue Kifferparadies heißt aber Colorado: Dort dürfen Erwachsene über 21 Jahren seit Anfang 2014 Cannabis kaufen und konsumieren. Auch im Bundesstaat Washington im Nordwesten hat sich die Bevölkerung für die Legalisierung ausgesprochen. Das Marihuana-Geschäft soll damit heuer um gut 60 Prozent auf 2,4 Milliarden Dollar zulegen. Womit das Ende des Glimmstängels noch nicht erreicht sei: ArcView glaubt, dass binnen fünf Jahren 14 weitere US-Staaten das Recht auf Rausch einräumen und die Umsätze auf 10,2 Milliarden steigen. In Colorados Hauptstadt Denver können sich zugelassene Vertriebsstellen des Ansturms kaum erwehren: "Am ersten Jänner haben sich unsere Verkäufe verdreifacht", erzählt Elan Nelson vom größten Anbieter Medicine Man dem TV-Sender ABC. Handgepflückt, aus Bio-Anbau, vom Fachmagazin prämiert: Die Kiffer sind wählerisch. 24 Grasmischungen stehen zur Wahl, dazu Schokoriegel, Zuckerl, Cremen und Drinks. Demnächst will Medicine Man die Geschäftsfläche auf 4000 Quadratmeter verdoppeln.

Bilder: Colorado zelebriert sein Recht aufs Kiffen

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Verkauf ja, Konto nein

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Auch der Handel mit Zubehör boomt – von Joint-Filtern, über Messgeräte für die Rauschsubstanz THC bis zu Rauchvasen ("Bongs"). Sogar Rechtsanwälte und Steuerberater reiben sich die Hände: Weil die Droge auf US-Bundesebene verboten ist, dürfen selbst offizielle Verkaufsstellen kein Bankkonto eröffnen – das wäre Geldwäsche. Manche Unternehmer tragen die Steuern gleich im Papiersackerl zur Behörde.

Den Staat Colorado freut’s – so wie die Touristiker. Bisher hatten Hanfurlauber ein Problem: Sie durften die Droge kaufen, aber weder in der Öffentlichkeit noch im Hotel rauchen. Findige Reiseanbieter haben reagiert: Sie versprechen Marihuana-Trips samt Rauchgelegenheit.

Blühende Geschäft gab es mit Marihuana schon vorher, das Ende der Prohibition in einigen US-Staaten zieht jedoch Investoren magisch an. Nur: Wohin mit dem vielen Geld?

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Anbieter tummeln sich viele, wenige sind seriös. Die Aktien sind durchwegs "Pennystocks", also Papiere, die selten und auf unbeaufsichtigten Plattformen gehandelt werden. Weil sich die Kurse im Cent-Bereich bewegen, sind sie für Manipulation besonders anfällig, warnt die US-Wertpapieraufsicht Finra. Einige Papiere haben seit Mitte 2013 enorme Wertzuwächse von 900 Prozent und mehr verzeichnet; die Kursschwankungen sind groß. Die Aufseher mahnen Anleger, sich umfassend zu informieren. Werde der Firmenname oder das Führungspersonal oft gewechselt, sollten die Alarmglocken ganz laut schrillen. So habe der Chef eines stark beworbenen Unternehmens neun Jahre Haft wegen Schmuggel abgesessen. Oft bleibt unklar, wie die Firmen Geld verdienen wollen. Vom direkten Anbau und Verkauf der Pflanze lassen viele wegen der heiklen Rechtslage (noch) die Finger.
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Firmen wieGreenGro TechnologiesoderGrowLife aus Kalifornien setzen vor allem auf ausgefeilte Anbau- oder Bewässerungssysteme. Andere wieMedical Marijuanahaben sich auf den Anbau von Cannabis-Medizinprodukten und von Industriehanf spezialisiert.