Wirtschaft

Harte Schläge für hauchdünnes Gold

Schon im Eingangsbereich verspürt der Besucher ein schnelles, wuchtiges Hämmern, das aus den Hinterräumen durch die schalldämpfenden Türen dringt. Die Wände vibrieren. Die museal anmutenden Maschinen in der Werkstatt geben Einblick in die Technik des frühen 20. Jahrhunderts. Ein Elektromotor treibt über altertümlich erscheinende Transmissionsriemen, das Walzwerk und den nostalgischen Federhammer an.

Schon in vierter Generation leitet Philipp Hofmann die 1906 gegründete Blattgoldschlägerei Wamprechtsamer in Wien-Hütteldorf. Mit seinen 14 Mitarbeitern erwirtschaftet er rund 1,5 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Die lagernde Goldmenge ist angesichts des recht geringen Bedarfs – etwa ein Kilogramm im Monat – dementsprechend klein. Ein niedriger Goldpreis habe keinen Einfluss auf den Einkauf, erklärt der Geschäftsführer. "Wir sind keine Spekulanten, sondern Handwerker. Ich kaufe das Gold dann, wenn ich es brauche."

Vom Barren zum Blatt

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Ausgangsmaterial ist ein Goldbarren, ein Kilogramm schwer – aktueller Wert: mehr als 30.000 Euro. Dieser wird bei rund 1200 Grad Celsius eingeschmolzen und mit Kupfer und Silber legiert. Aus zwei Gründen: Über die Metalle lässt sich die Farbe beeinflussen und die Härte steigern. Reines Blattgold ist sehr weich – und eignet sich daher kaum für die Verwendung. Durch die Zugabe der beiden Elemente verringert sich die ursprüngliche Karatzahl des Feingoldes von 24 auf 23 bis 23,5.

Nach dem Abkühlen wird der Rohling, im Fachjargon Zain genannt, gewalzt. So lange, bis er eine Länge von rund 100 Metern erreicht hat. "Der letzte Durchlauf dauert dann einige Minuten", erzählt Hofmann. Nach dem Walzen hat das Goldband eine Dicke von drei Hundertstelmillimeter – wie Zeitungspapier. Das Band wird in gleich große Quadrate zerteilt und in drei Arbeitsschritten hauchdünn geschlagen. Dazu werden die Goldblätter – bis zu 2000 – sorgfältig übereinander gelegt, getrennt durch spezielle Blätter. Geschlagen wird maschinell und per Hand, wobei der finale Schlagvorgang händisch erfolgt. Am Ende ist das Gold zwischen 100 und 300 Nanometer "dick". Ein Nanometer entspricht dem Millionstel eines Millimeters.

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Zwei Drittel des Ausgangsmaterials sind letztlich Ausschuss. Aus den verwerteten rund 350 Gramm entstehen 150 Quadratmeter Blattgold. Damit ließe sich ein halber Tennisplatz (rund 130 Quadratmeter) vergolden. Die "Abfälle" werden gesammelt und der nächsten Schmelze beigefügt. Verkauft werden die Blätter in drei verschiedenen Größen. Die im Geschäft kleinst erhältliche Menge ist ein Heft von 25 Goldblättern, Preis: rund 20 Euro.

Hauptabnehmer des Blattgoldes sind Steinmetze, die damit Grabinschriften ausschmücken, und Vergolder. Letztere verzieren beispielsweise Bilderrahmen oder historische Gebäudeteile, etwa von Staatsoper und Burgtheater. Die ausgefallensten Verwendungen für Blattgold kommen von Künstlern, sagt Hofmann. Ein Kunde wollte etwa die 100-Meter-Laufbahn bei Olympia 2000 in Sydney anlässlich des Millenniums vergolden – sein Vorhaben wurde aber nicht umgesetzt. Auch die letzten Höhenmeter des Großglockner-Gipfels sollten nach den Träumen eines Künstlers vergoldet werden. Der Wunsch blieb auch hier Vater des Gedankens.

Gold im Sekt

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Größer geworden ist in den vergangenen Jahren die Nachfrage nach Streusel und Flocken aus Blattgold vonseiten der Gastronomie. Speisen und Getränke wie Sekt werden damit, deklariert als Lebensmittelfarbstoff E175, veredelt. Ein weiteres Standbein ist Grabschmuck. Die Nachfrage sei gegenwärtig ausreichend, könnte aber größer sein, sagt der 40-Jährige. Derzeit gebe es noch einen Mitbewerber im nahen Schwechat – weltweit sind es keine 30 mehr.

Helmut Winter, Kundenberater in der Raiffeisen-Filiale Hütteldorfer Straße, besuchte seinen Klienten im Rahmen der Aktion "Mittendrin statt nur dabei". Seine Einschätzung: "Mich beeindruckt dieser Betrieb sehr – die lange Tradition, die Verwendung der alten Maschinen. Eine ganz tolle Sache."