Wirtschaft

Ex-Top-Manager hat 100 Mio. Euro Schulden

Thomas Middelhoff gehörte einst zu der glorifizierten und topreichen Manager-Elite Deutschlands. Der frühere Chef des Bertelsmann-Konzerns wollte den verlustreichen Handelskonzern Arcandor, der bis Juni 2007 Karstadt Quelle AG hieß, wieder in lichte Höhen führen. Im Jahr 2004 hatte Karstadt Quelle rund 100.000 Mitarbeiter und setzte 15,3 Milliarden Euro um. Die Neuausrichtung des Konzerns gelang dem späteren Aufsichtsratschef Middelhoff nicht. Im Frühjahr 2009 ging er von Bord, im Juni 2009 ging der Arcandor-Konzern pleite. Damit begann auch der Abstieg Middelhoffs, der jetzt in einem Privatinsolvenzverfahren mündete.

Detail am Rande: Das Landgericht Essen verurteilte Middelhoff Mitte November 2014 wegen Untreue in 27 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Haftstrafe von drei Jahren. Laut Spiegel online soll er sich zumindest in 28 Fällen per Hubschrauber von Bielefeld zum Arcandor-Sitz auf Firmenkosten fliegen haben lassen - wegen Autobahnbaustellen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Er wurde noch im Gerichtssaal wegen angeblicher Fluchtgefahr verhaftet, weil er seinen Wohnsitz von Bielefeld nach Saint Tropez, Frankreich, verlegt hatte. Später wurde er aber gegen Kaution (fast 900.000 Euro) aus der U-Haft entlassen.

600 Euro auf dem Konto

Nach Angaben von Insolvenzverwalter Thorsten Fuest fordern Middelhoffs Gläubiger weit mehr als 100 Millionen Euro. Doch der Großteil der Forderungen ist strittig. Somit könnte das Verfahren Jahre dauern.

Doch Insolvenzverwalter Fuest rechnet damit, dass er einen hohen Millionenbetrag an die Gläubiger ausschütten können wird. Noch lägen allerdings auf dem eingerichteten Treuhandkonto erst 600 Euro, sagte Fuest am Freitag.

Wenige Stunden zuvor hatte das Amtsgericht Bielefeld das Insolvenzverfahren eröffnet. Der frühere Chef des Bertelsmann-Konzerns und des Pleite gegangenen Handelskonzerns Arcandor hatte schon Ende März Privatinsolvenz angemeldet. Wie hoch Middelhoffs Schulden tatsächlich sind, kann Fuest allerdings noch immer nicht mit Sicherheit zu sagen.

Es gebe Forderungen von weit über 100 Millionen Euro, doch sei ein Großteil davon strittig. Es gibt bisher vollstreckungsfähige Urteile gegen und Schuldanerkenntnisse von Middelhoff in Höhe von rund 19 Millionen Euro. Zugleich mache Middelhoff seinerseits hohe Forderungen gegen mehrere Gläubiger geltend.

Offen ist auch noch, so Fuest, wie viel vom einstigen Vermögen des Managers vom Insolvenzverwalter verwertet werden kann. Er gehe aber derzeit davon aus, dass er für die Konkursmasse einen „hohen Millionenbetrag“ sicherstellen könne. Er erwarte Geld nicht zuletzt aus früheren Fondsbeteiligungen Middelhoffs, aber auch aus der Anfechtung von früheren Vermögensübertragungen des Managers an Personen in seinem Umkreis sowie von Pfändungsmaßnahmen einzelner Gläubiger in den vergangenen Jahren. Dabei geht es unter anderem auch um das sogenannte „Oetker-Haus“ in Bielefeld und Middelhoffs Villa in St. Tropez.

Eigentlich schon 2009 pleite?

„Das Verfahren ist mit allen Zutaten versehen, die eine hohe Komplexität erwarten lassen“, betonte Fuest. Er erwarte eine „äußerst aufwendige Ermittlungsarbeit“. Nach Einschätzung des Insolvenzverwalters drohte spätestens seit 2009 - dem Zeitpunkt der Pleite des Arcandor-Konzerns - die Zahlungsunfähigkeit des Managers Middelhoff.

Der Zeitpunkt ist wichtig, weil der Insolvenzverwalter ab diesem Moment, die Möglichkeit zur Anfechtung von Vermögensübertragungen hat. Zwei Jahre später habe Middelhoff selbst mit "Vermögenssicherungsmaßnahmen" begonnen.

Seit 2013 habe es dann einen regelrechten Wettlauf der Gläubiger auf das Vermögen des Ex-Managers gegeben. Insgesamt haben bisher etwa 50 Gläubiger Forderungen gegen Middelhoff erhoben. Unter den Gläubiger soll der bekannte Unternehmensberater Roland Berger, die Arcandor-Insolvenzverwalter und ein ehemaliger Vermögensberater Middelhoffs sein.

Nach fünf Jahren schuldenfrei?

Die Prüfung der Forderungen will das Amtsgericht Bielefeld am 21. September durchführen. Für diesen Tag ist auch eine Gläubigerversammlung vorgesehen. Läuft das Insolvenzverfahren nach Plan, könnte Middelhoff nach fünf Jahren schuldenfrei sein. Noch schneller könnte es gehen, wenn sich der Manager mit seinen Gläubigern auf einen Insolvenzplan einigt. Middelhoff habe ein Interesse an einem solchen Vergleich signalisiert, erklärte Fuest. Der Insolvenzverwalter zeigte sich offen für solche eine Einigung, da auf diese Weise viele Rechtsstreitigkeiten vermieden werden könnten.