Wirtschaft

Geox setzt verstärkt auf chinesische Schweißfüße

Am liebsten erzählt Mario Moretti Polegato die Geschichte aus der Wüste Nevadas. Auch wenn er nach völlig anderen Dingen gefragt wird, spult er diese unbeirrt ab. Er habe sich wegen der Hitze und seinen schweißnassen Füßen Löcher in die Schuhsohlen geritzt – die Geburtsstunde von Geox. Das war 1995. Seit Ende 2004 notiert sein Schuhunternehmen an der Mailänder Börse. 71 Prozent der Anteile sind aber in Händen von Polegatos Familie verblieben. Er selbst ist laut diversen Rankings in die Riege der zehn reichsten Italiener aufgestiegen. Der 62-Jährige hielt kürzlich in einer seiner Wiener Vorzeigefiliale Hof.

Polegato trägt einen schwarzen Nadelstreifanzug mit blütenweißem Hemd und passendem Stecktuch, polierte schwarze Schuhe, goldene Uhr. Neben seinen Füßen hat er seine schwarze Ledertasche abgestellt. "Ich bin überzeugt, dass alle hier im Raum, die keine Geox-Schuhe tragen, stinkende Füße haben", sagt er und schiebt die auffällige Brille auf seiner Nase zurecht. Seine Vision sei es, die Welt von Schweißfüßen zu befreien. Einen Prospekt, in dem die Vorzüge seiner Schuhe angepriesen werden, hat er schon griffbereit neben sich gelegt.

Polegatos Leben hat sich nicht immer um Schweißfüße gedreht. Er stammt aus einer Winzerdynastie in Treviso, die zu den berühmtesten Prosecco-Herstellern des Landes gehören, erzählt er, umringt von seinen Presseleuten und einer Dolmetscherin, die von Italienisch auf Englisch übersetzt. Er könnte auch Englisch reden, aber Italienisch ist ihm lieber, sagt der Unternehmer.

1350 Filialen

Geox ist aktuell mit rund 1350 Geschäften in 105 Ländern tätig, dazu kommen rund 200 Shops in China. Offenbar setzt Polegato auf chinesische Schweißfüße. Zumindest will er in den kommenden eineinhalb Jahren weitere 200 Standorte in China eröffnen.

Die angespannte politische Situation in Russland hat ihn bisher kalt gelassen – zumindest aus wirtschaftlicher Sicht. Geox hat in Russland 60 Standorte, "es könnten doppelt so viele sein", meint Polegato. "Ich hoffe, dass uns die Europäische Union arbeiten lässt. Wir brauchen Frieden, aber auch Arbeit", sagt er. "Russland braucht Europa und umgekehrt." Basta.

Polegato interessiert sich für Politik und Politiker. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi habe er schon gekannt, als er Bürgermeister von Florenz war, das war von 2009 bis 2014. Er hält große Stücke auf ihn, vor allem wegen seiner Reformen im Schulsystem. "Renzi ist der Einzige, der nicht dem politischen Schema folgt und mit dem alten System bricht", findet Polegato. In Italien gebe es zu viel Bürokratie, was den Unternehmern das Leben erschwere und ausländische Firmenlenker von Investitionen in Italien abhalte. Polegato selbst hat früh im Ausland investiert – seine Schuhe werden unter anderem in Brasilien, im fernen Osten oder seit Kurzem auch in Serbien produziert. Zudem fertigt Geox mittlerweile auch Kleidung, die bereits 15 Prozent zum Umsatz beiträgt.

Patente

Seinen Studenten auf der Uni trichtert der Unternehmer ein, dass es nicht reicht, eine gute Idee zu haben. Man muss sie auch patentieren lassen. Wie er es mit jener Membran gemacht hat, die den Schweiß aus dem Schuh heraus-, aber das Wasser nicht hineinlässt. Geox, das auf Basis dieses Patents entstanden ist, hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 754 Millionen Euro umgesetzt. Bis Ende diesen Jahres rechnet Polegato mit Erlösen in der Größenordnung von 800 Millionen Euro. Gewinn hat Geox im abgelaufenen Jahr keinen geschrieben. Schuld am Verlust in Höhe von 39 Millionen Euro seien vor allem die Umsatzrückgänge am Heimmarkt gewesen. Italien trägt nach wie vor fast ein Drittel (32 Prozent) zum Gesamtumsatz bei. In Österreich hat Geox laut Polegato 26 eigene Filialen und ist zudem in rund 400 Schuhgeschäften vertreten.