Wirtschaft

Generali-Vienna-Chef: "Die Verzinsung ist sicher attraktiv"

Lebensversicherer veranlagen laut Konsumentenschützern nur 70 bis 80 Prozent der eingezahlten Beträge, obendrein sind die garantierten Zinsen derzeit infolge des wirtschaftlichen Umfelds auf einem Tiefststand. Generali-Vienna-Chef Peter Thirring verteidigt im KURIER-Gespräch das Produkt dennoch.

KURIER: Die Kritik an der Lebensversicherung reißt nicht ab, vor allem in Hinblick auf die magere Verzinsung. Zu Recht?

Peter Thirring: Das ist Unsinn. Es ist richtig, dass der Garantiezins gesunken ist, aber den legt die Finanzmarktaufsicht fest. Für Kunden interessant ist die Gesamtverzinsung und die ist mit 3,4 Prozent sicher attraktiv. Zudem kommt es nicht auf die jetzige Verzinsung, sondern auf den Zeitrahmen von 15 oder 20 Jahren an. Und diese Gesamtverzinsung kennt niemand, auch nicht die Konsumentenschützer.

Diese kritisieren aber auch die hohen Kosten.

Jedes Produkt hat Kosten und bei Lebensversicherungen sind sie nicht überproportional hoch.

Um die Performance zu steigern, überlegen einige Anbieter in Deutschland, aber auch die UNIQA, ein Produkt ohne Garantie auf den Markt zu bringen. Vorstellbar für die Generali?

Nein, weil es seitens der FMA gar nicht zulässig wäre. Denn bei der klassischen Lebensversicherung gibt es nur einen Deckungsstock. Dabei kann es keine zwei Gruppen mit unterschiedlichen Verzinsungen geben.

Unmut gibt es auch bei vielen, die eine prämiengeförderte Zukunftsvorsorge abgeschlossen haben. Hier wurden die Erwartungen bei Weitem nicht erfüllt.

Die Kunden haben trotz der extremen Finanzkrise dank der Kapitalgarantie keinen Verlust. Unsere Produkte sind sogar leicht im Plus.

Trotzdem überlegen viele, nach Ende der zehnjährigen Bindung aus dem Produkt auszusteigen.

Eine Prämienfreistellung oder Kündigung erfüllt den Sinn der Zukunftsvorsorge nicht. Das Problem war der hohe Aktienanteil an der Wiener Börse. Das hat sich nun mit der Reform deutlich gebessert. Besser wäre aber überhaupt keine Verpflichtung bei der Veranlagung.

Lebensversicherung oder Zukunftsvorsorge – welches Produkt würden Sie empfehlen?

Das muss jeder selbst entscheiden. Klar ist aber, wir gehen viel gesünder und fitter in Pension, daher wird man ein zusätzliches Einkommen brauchen. Da braucht man sich nur das Pensionskonto anschauen und ausrechnen.

Halten Sie weitere Pensionsreformen für notwendig?

Die Situation ist ziemlich eindeutig: Das System kann nur durch Bundeszuschüsse ausgeglichen bilanzieren. Ändern wir nichts, werden die Zuschüsse größer und die Leistungen zurückgehen. Allerdings bin ich nicht für überfallsartige Maßnahmen, sondern schrittweise.

Wie haben sich Debatten um die Lebensversicherung auf Ihr Geschäft ausgewirkt?

Wir spüren Gegenwind, Niedrigzinsen sind für jedes Finanzinstrument schlecht. Dennoch ist das Prämienvolumen im Halbjahr um 4,3 Prozent gestiegen und damit stärker als im Bereich Schaden/Unfall mit plus 2,3 Prozent und Krankenversicherung (plus 3,1 Prozent).

Wie wirkt sich das Hochwasser in der Bilanz aus?

Mit 40 Millionen. Es ist aber nicht daran gedacht, großflächig Verträge zu kündigen oder höhere Prämien zu verlangen. Aber natürlich sind wir bei Bauten in roten Zonen vorsichtig. Allen eine Volldeckung zur Verfügung zu stellen, ist nicht möglich. Die Beträge wären nicht zu stemmen. Selbst mit einer Pflichtversicherung nicht.

Wie geht es bei der Generali Bank weiter? Der Verlust betrug im Vorjahr 7,8 Mio. Euro.

Wir mussten Wertberichtigungen beim Kreditportfolio durchführen. Wir haben aber den Verlust schon deutlich reduziert und erwarten heuer vielleicht eine leichte rote Null. Wir vergeben seit Längerem keine Kredite mehr.

Macht die Bank noch Sinn?

Zusperren ist nicht so einfach und ein Verkauf an Investoren kommt nicht infrage, es gibt auch keine Angebote. Jene, die es gab, waren aus dem Osten, das hätte nicht zu unseren Kunden gepasst.

Apropos Osten: Wie bewerten Sie die wirtschaftliche Lage in Osteuropa, wo Ihr Konzern stark vertreten ist.

Der Worst Case ist verhindert worden, aber in einzelnen Ländern ist es schwierig, vor allem in Südosteuropa. Insofern bin ich nicht ganz unzufrieden, mich auf Österreich konzentrieren zu können.

Aber auch hier gibt es kritische Stimmen, es ist auch von „abgesandelt“ die Rede.

Das ist ein bissl drastisch formuliert, aber natürlich müssen wir aufpassen, Schritt zu halten. Das ist uns in letzter Zeit ganz gut gelungen, wir sind sicher kein Sanierungsfall.

Wechsel

Peter Thirring (56), zuvor Finanzvorstand der Generali Vienna, wurde mit 1. April Vorstandschef. Er löste Luciano Cirina ab, der an die Spitze der Osteuropaholding in Prag wechselte. Bis 2007 war das Osteuropa-Geschäft des Konzerns in Wien angesiedelt. Im Halbjahr erzielte Generali Vienna 89 Mio. Euro EGT.

Karriere

Der studierte Jurist Thirring startete seine Karriere 1983 bei der CA, 1987 wurde er Chef der Generali Zürich, 1990 wechselte er nach Wien.