Wirtschaft

Funktionärs-Alarm im Betrieb

Neulich in einem Betrieb: Der Aufzugswärter bespricht gerade mit dem Störfallsicherheitsbeauftragten und dem Brandschutzbeauftragten den kaputten Lift. Da unbekannte Flüssigkeit ausgelaufen ist, werden der Umweltbeauftragte, der Gefahrengutbeauftragte, der Abfallbeauftragte und der Strahlenschutzbeauftragte hinzu- gezogen. Ein Streit bricht aus, Betriebsrat, Arbeitspsychologe und Mobbingbeauftragter eilen herbei. Und der Chef schimpft wieder einmal, dass niemand arbeitet ...

Immer mehr Beschäftigte müssen in Österreich zusätzlich zu ihrer beruflichen Tätigkeit auch Beauftragten-Pflichten erfüllen. Für kleinere Betriebe ein wachsendes Ärgernis: „Diesen Beauftragtenwahn lassen sich Schreibtisch-Leute einfallen, die keine Ahnung von den Abläufen in einem Betrieb haben“, schimpft der Firmenchef eines Metallbau-Betriebs über die ausufernde Bürokratie, die zunehmend Kosten verursache. Die oft vorgeschriebenen Schulungen seien ein Zeitraub: „Sind alle gleichzeitig auf Weiterbildung, steht der Betrieb.“

Die Branchenvertreter von Gewerbe und Handwerk haben nachgezählt und stießen auf mittlerweile 75 (!) diverse Funktionsträger in Unternehmen. Nicht alle, aber viele davon sind aus guten Gründen verpflichtend, Aus- und Weiterbildung natürlich auch.

Die meisten Pflicht-Beauftragten schreibt das Arbeitsrecht vor, etwa Betriebsrat, Behinderten- oder Gleichstellungsbeauftragte. Neu ist wegen des steigenden Konfliktpotenzials der Mobbingbeauftragte. Diesen Job kann, muss aber nicht der Betriebsrat übernehmen.

Pflicht sind auch zahlreiche technische Befugte, die für die Sicherheit im Betrieb (mit)verantwortlich sind. Mehr als 20 unterschiedliche Aufgaben sind hier zu vergeben, der Aufwand ist relativ groß. So darf der Aufzugswart nur von einem befugten Aufzugsprüfer geschult werden. Für Brandschutzbeauftragte sind drei Tage „Feuerwehrschule“ vorgeschrieben. Steigende Sensibilität hat auch im Umwelt- und Qualitätssicherungsbereich die Verantwortlichkeit im Betrieb zunehmend personalisiert. Relativ neu: Der Geldwäschereibeauftragte zur Prävention von Geldwäsche in Finanzunternehmen.

Entrümpelung

„Für kleinere Betriebe ist die bürokratische Belastung durch Normen und Gesetze enorm“, klagt Konrad Steindl, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer und fordert Zurückhaltung „bei der immer neuen Erfindung von Beauftragten“. Steindl sieht nicht ein, warum viele Schutz-Beauftragte wohl in der Privatwirtschaft vorgeschrieben sind, nicht aber im öffentlichen Dienst. „Das ist eine Benachteiligung“. Er will daher Auflagen überprüfen und die Beauftragten-Flut reduzieren. Auf welche Ämter er sofort verzichten würde, beantwortet er ausweichend: „Es geht mir nicht um den vielfach berechtigten Schutzzweck, sondern um die Form der Umsetzung.“

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