FACC im Landeanflug auf die Wiener Börse
Von Anita Staudacher
Drei Jahre lang blieb die Wiener Börse ohne Neuzugänge. Diese ungewöhnlich lange Durststrecke findet nun ein Ende – mit einem Überraschungskandidaten. Noch in diesem Jahr nimmt der oberösterreichische Flugzeugzulieferer FACC Kurs auf das Wiener Parkett. Der chinesische 100-Prozent-Eigentümer AVIC (Aviation Industry Corp. of China) will in Wien Aktien aus eigenem Bestand platzieren und plant zugleich eine Kapitalerhöhung in Höhe von 150 Millionen Euro. Wie groß der Streubesitz sein wird, ist noch unklar, Beobachter gehen aber von einer eher kleineren Platzierung aus.
Der staatlich-chinesische Rüstungskonzern hat FACC vor fünf Jahren übernommen. Schon damals wurden Börsepläne gewälzt, allerdings galt Hongkong als erste Wahl für eine Platzierung. „Die Entscheidung für Wien ist ein Bekenntnis zum Standort Österreich“, erklärt FACC-Sprecherin Andrea Schachinger. Ein Zweitlisting sei derzeit kein Thema. Ein konkreter Zeitpunkt für den Börsengang stehe noch nicht fest, „das wird vom Marktumfeld abhängen“.
Wachstumskurs
Mit dem Geld aus der Kapitalerhöhung soll künftiges Wachstum finanziert werden, wozu auch ausgewählte Unternehmenszukäufe gehören. Für FACC-Vorstandschef Walter Stephan ist der Börsengang „ein wichtiger Schritt, um unser Geschäftsmodell weiter zu stärken und eine eigenständige Zukunft zu sichern“.
Der Flugzeugzulieferer hat volle Auftragsbücher. Er profitiert von einer alternden Flugzeugflotte weltweit und den Zwang zu leichteren und damit kerosinsparenden Bauteilen. FACC entwickelt und produziert Faserverbundkomponenten und -systeme für Strukturbauteile an Rumpf und Tragflächen, Triebwerkskomponenten sowie Passagierkabinen.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurde erstmals mehr als eine halbe Milliarde Euro umgesetzt, der Betriebsgewinn stieg um 19 Prozent auf einen Rekordwert von 42,5 Millionen Euro. Das Unternehmen beschäftigt in Österreich 2630 Mitarbeiter (siehe Grafik unten).
Frisches Blut
Die Wiener Börse freut sich, „dass sich ein so innovatives und international erfolgreiches Unternehmen wie die FACC auf einen Börsegang in Wien vorbereitet“ und hofft auf einen Eisbrecher-Effekt. Gleich mehrere Unternehmen hätten zuletzt Interesse an einer Finanzierung über den Kapitalmarkt gezeigt. „Derzeit ist das Marktumfeld für Börsengänge sehr gut.“
Skeptischer ist da Alfred Reisenberger, Investmentstratege der Valartis Bank. FACC sei zwar „frisches Blut für die Wiener Börse und daher sehr erfreulich“, mit weiteren Börsengängen rechnet er heuer aber „eher nicht“. Niedrigstzinsen für Fremdkapital würden Eigenkapitalmaßnahme nicht unbedingt fördern. Dass die Chinesen Wien statt Hongkong wählten, kommt auch für Reisenberger überraschend. Ein Grund sei wohl die Heimatbasis. „FACC ist noch nicht groß genug für Hongkong und von der Bekanntheit her ist Wien sicher nicht der schlechteste Platz.“ Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger glaubt, dass sich die Chinesen mit dem Wien-IPO in Europa gut positionieren wollen. Damit dieser erfolgreich wird, wünscht er sich einen „vernünftigen“ Preis.
Vom Ski zum Sky Geschichte
FACC (Fischer Advanced Composite Components) entstand 1989 aus einer Abspaltung der Fischer Ski mit Sitz in Ried im Innkreis. Schon in der Skiindustrie wurde nach Leichtbaukomponenten gesucht, die auch in der Luftfahrttechnik eingesetzt werden. Erster Auftraggeber war Airbus. 1999 erfolgte die Umwandlung in die FACC AG. Bis zum Verkauf an die Chinesen 2009 gehörte FACC den Österreichischen Salinen von Hannes Androsch, der ACC Kooperationen und Beteiligungen GmbH (jeweils 48,125 %) sowie der Stephan GmbH (3,75 %).