Wirtschaft

Fleischhauer ringen täglich mit Bürokratie

Aspang-Markt ist eine beschauliche Gemeinde mit knapp 1800 Einwohnern am südlichen Zipfel des niederösterreichischen Industrieviertels. Von hier aus schraubt sich die Wechsel-Bundesstraße B 54 über 500 Höhenmeter und mehrere Kehren nach Mönichkirchen hoch. Arbeitsplätze sind hier Mangelware. Vor zwei Jahren schloss der größte Arbeitgeber in Aspang, der Dessous-Konzern Triumph, das örtliche Werk. 350 Jobs waren über Nacht weg.

Mit Leib und Seele

Mitten am Hauptplatz in Aspang betreibt Johannes Gugerell in dritter Generation seine Fleischhauerei – samt einträglichem Imbiss mit Mittagessen. Mit acht Angestellten, den helfenden Händen der Eltern und der Schwester als Aushilfe setzt Gugerell, Jahrgang 1978, jährlich rund 700.000 Euro um. Rinder, Kälber und Lämmer aus der Region schlachtet er in Eigenregie, Schweine werden bereits zerlegt in der Steiermark zugekauft. Etwa 37.100 Kilo Schweinefleisch und 42.400 Kilo Rindfleisch verkauft er über die Theke. Rund 20 Prozent davon landen in der umliegenden Gastronomie und im Lebensmittelhandel.

Gegen halb fünf Uhr Früh beginnt Gugerells Arbeitstag und endet unter der Woche um etwa acht Uhr abends. Grund für die überaus langen Arbeitstage ist die überbordende Bürokratie, sprich der "Papierkrieg". Der Fleischer muss nicht nur die Herkunft der Tiere mehrfach dokumentieren. Er muss ein Schlacht-Protokoll, ein Zerlege-Protokoll, ein tägliches Kühlraum-Temperatur-Protokoll, ein Reinigungs-Protokoll und ein Verkaufs-Protokoll führen. Auch die Temperatur des Abwassers muss er messen und melden. Dabei sollte dieser Verwaltungsaufwand eigentlich zu mehr Kontrolle und Transparenz in Europas Fleischindustrie führen, die in den vergangenen Jahre immer wieder in unappetitliche Skandale verwickelt war.

"Es trifft auch uns Kleine. Ich muss das alles selber machen", sagt Gugerell zum KURIER. "Wenn wir nach der Produktion den Betrieb reinigen, er sauber ist, ich das aber nicht schriftlich dokumentiere, gilt der Betrieb behördlich als nicht gereinigt." Dass der Konsument wissen will, wo das Fleisch tatsächlich herkommt, versteht der Qualitätsfleischhauer nur zu gut – aber nicht die Auflagen, die immer mehr werden. Kürzlich ist die Allergen-Verordnung dazugekommen.

Sauer auf Politik

"Bei der letzten Wahl hat die ÖVP mit der Entfesselung der Wirtschaft geworben, aber sie macht genau das Gegenteil", wettert Gugerell, der selbst Mitglied beim Wirtschaftsbund- und Bauernbund ist. "Wir fühlen uns von den eigenen Leuten verraten. Es sitzen ein Dutzend Wirtschaftsbund-Mitglieder im Nationalrat, aber sie machen gar nichts für die Wirtschaft." Nachsatz: "Ich erwarte mir auch von unserer Standesvertretung, dass sie für uns mehr in die Bresche springt."