Wirtschaft

EZB kauft Staatsanleihen um 1,14 Billionen Euro

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird beginnend im März 2015 bis Ende September 2016 monatlich für 60 Milliarden Euro - also in Summe für 1,14 Billionen Euro - Staatsanleihen und andere Wertpapiere aus den Euro-Länder aufkaufen, wie EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Das Volumen ist eindeutig mehr als erwartet wurde. Ein Vergleich: Mit 1,14 Billionen Euro könnte die EZB sämtliche DAX-Unternehmen, also die größten Konzerne Deutschlands, kaufen (deren Gesamtwert beträgt an der Börse 1,075 Billionen Euro, weitere Beispiele siehe unten).

Es kann freilich auch deutlich mehr werden. Draghi lässt sich nämlich alle Optionen offen: Das Programm soll solange laufen, bis das Inflationsziel von einer Teuerung von maximal zwei Prozent absehbar ist, so der EZB-Präsident.

Damit Wachstum einsetzen kann, braucht es Investitionen


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"Geldpolitik kann eine Basis für Wachstum schaffen. Damit dieses Wachstum einsetzt, braucht es aber Investitionen. Und für Investitionen ist Vertrauen nötig. Dieses Vertrauen wird durch Reformen geschaffen", erklärte der EZB-Chef. Die EZB habe das ihre getan, jetzt seien die Regierungen am Zug.

Euro auf tiefstem Stand seit 2003

An den Finanzmärkten ließ die Reaktion nicht lange auf sich warten: Der deutsche Aktienindex DAX sprang noch während Draghis Pressekonferenz auf ein neues Rekordhoch. Indes ist der Euro nach der Ankündigung des EZB-Anleihekaufprogramms auf den tiefsten Stand seit mehr als elf Jahren gefallen - bis auf 1,1453 Dollar. So wenig kostete die Gemeinschaftswährung zuletzt im November 2003. Vor der Bekanntgabe der EZB-Entscheidung lag der Euro noch deutlich über der Marke von 1,16 Dollar.

Leitzins bleibt auf Rekordtief

Zugleich beschloss der EZB-Rat bei seiner Sitzung in Frankfurt wie erwartet, den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent zu belassen.

Bei einem Leitzins um die Nulllinie gelten Staatsanleihekäufe als probates Mittel: Die US-Notenbank Fed hatte damit die amerikanische Wirtschaft nach der Finanzkrise wieder in Schwung gebracht. Auch die Währungshüter in Japan pumpen auf diese Weise riesige Summen ins Finanzsystem.

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Mit einem Anleihenkaufprogramm - im Fachjargon quantitative Lockerung oder "QE"(mehr dazu unten)genannt - könnte die Notenbank frisches Zentralbankgeld drucken und damit Wertpapiere kaufen, vor allem Staatsanleihen. Das frische Geld kommt im Idealfall über die Banken, denen Anleihen abgekauft würden, in Form von Krediten bei Unternehmen und Verbrauchern an und hilft der Konjunktur auf die Sprünge.

Zieht das Wirtschaftswachstum an, würde das auch die zuletzt extrem niedrige Inflation wieder anheizen. Damit würden Sorgen vor einem gefährlichen Preisverfall auf breiter Front - also einer Deflation - vorerst beendet. Die Wirkung von Anleihenkäufen ist unter Volkswirten und Notenbankern umstritten, etwa weil die Zinsen bereits extrem niedrig sind und weitere Sondermaßnahmen daher nur sehr begrenzt wirken dürften. Zudem wird befürchtet, dass die EZB den Reformeifer in Krisenländern bremst, wenn sie den Staaten in großem Stil Schuldscheine abkauft.

Hier geht's zum Live-Stream der EZB

Die EZB will für mehr als eine Billion Euro Staatsanleihen und andere Wertpapiere kaufen. Mit diesem unkonventionellen Schritt soll ein Preisverfall auf breiter Front verhindert werden, der die Wirtschaft auf Jahre lähmen kann. Im Fachjargon werden die Käufe "Quantitative Easing" (QE) genannt. Es folgt ein Überblick über das umstrittene Instrument:

Deflationsbekämpfung

Das schärfste Schwert der Europäischen Zentralbank (EZB) ist in normalen Zeiten der Leitzins. Dieser liegt aber seit längerem bereits bei 0,05 Prozent. Damit ist die Waffe stumpf geworden. Die Notenbank muss also andere Maßnahmen ergreifen, um eine Deflation abzuwenden. Denn die EZB strebt eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an. Davon ist sie derzeit meilenweit entfernt. Zuletzt fielen die Preise in der Eurozone sogar um 0,2 Prozent. Warum ist das gefährlich? Verbraucher halten sich dann oft zurück, weil sie erwarten, Produkte bald noch günstiger zu bekommen. Unternehmen verdienen weniger, bauen Personal ab und investieren kaum noch. Eine Abwärtsspirale kommt in Gang, die nur schwer zu stoppen ist.

Geldschwemme

Um eine solche Situation zu verhindern, werden nun riesige Summen in den Geldkreislauf gepumpt. Gut 1,1 Billionen Euro stehen im Raum. Das kann über QE am leichtesten erreicht werden. Die EZB kauft dann den Geschäftsbanken im großen Stil Wertpapiere - insbesondere Staatsanleihen - ab. Denn im Vergleich zu anderen Schuldtiteln wie Unternehmensanleihen ist der Markt für staatliche Bonds in Europa deutlich größer - die EZB kann daher hier die größte Wirkung erzielen. Dabei schafft die Notenbank durch die Käufe zusätzliche Liquidität - sprich sie druckt mehr Geld.

Was soll QE bringen?

Die Abkürzung QE steht für „Quantitative Easing“, zu Deutsch: „Quantitative Lockerung“. Dieser Begriff kommt daher, dass bei einer solchen Maßnahme die Menge, also die Quantität, das Zentralbankgeldes zunimmt. Eine Notenbank druckt sich selbst Geld, um Wertpapiere zu kaufen. Meist sind das Anleihen von Staaten und Unternehmen.

Kauft die Notenbank massenhaft Staatsanleihen, steigen tendenziell die Anleihenkurse und die Renditen sinken entsprechend. Das Kalkül: Banken werden aus diesen Schuldtiteln herausgedrängt, da sie weniger Zinsen bringen. Sie haben dann mehr Kapital für andere Bereiche zur Verfügung - und vergeben idealerweise wieder mehr Kredite. Damit würde die Geldschwemme der lahmenden Wirtschaft zugutekommen. Auch die Teuerungsrate würde dann tendenziell wieder steigen.

Andere Notenbanken - etwa in den USA oder Großbritannien - haben nach der Finanzkrise 2008 bereits zu diesem Instrument gegriffen, um ihre Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Auch die Notenbank in Japan - das Land steckte jahrelang in einer Deflation - versucht damit der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen.

Wer blickt bei dieser Geldpolitik noch durch? Zwei Comic-Bären versuchen es zumindest. In einem Kurz-Video, das auf YouTube läuft, versuchen sie eine Art "EZB für Dummies" - mehr dazu in Comicbären erklären EZB-Politik.

Die Europäische Zentralbank (EZB) beglückt die Finanzmärkte bis September 2016 mit rund 1,14 Billionen Euro.

1 Billion, ein Einser mit zwölf Nullen.

Aber wie viel ist das eigentlich?

Hier ein paar Bezugsgrößen und Preisbeispiele, fußend u.a. auf einer Analyse von Mathematik-Professor Matthias Ludwig von der Goethe-Universität in Frankfurt.

- 1 Billion Euro sind 20 Milliarden 50-Euro-Scheine. Legt man diese 20 Milliarden Scheine alle der Länge nach hintereinander, so kann man das Band 70 mal um die Erde wickeln. Oder knapp vier Mal zum Mond und zurück spannen. Nebeneinander zu einem Teppich gelegt, wäre dieser so groß wie das Stadtgebiet von Frankfurt.

- Um 1 Billion Euro in 10-Euro-Scheinen zu transportieren, braucht es 1620 Sattelzüge. Hintereinander geparkt ergebe dies eine Strecke von mehr als 32 Kilometer.

- 1 Billion Euro entspricht etwa elf Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung der Eurozone, oder 3400 Euro pro Einwohner jedes Eurolandes.

- Spanien hatte Mitte des Vorjahres erstmals BIP-Schulden in Höhe von 1 Billion Euro.

Was könnte man um so viel Geld kaufen?

- Sämtliche 30, im deutschen Leitindex DAX notierten Börsekonzerne in Deutschland

- 50 Millionen Mittelklasse-Autos

- 1 Million preisgünstige Reihenhäuser

- 550 Millionen Goldbarren (50 Gramm)

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