Experten: Aus für Eurozone wäre "Super-GAU"
Rund neun Billionen Euro beträgt die jährliche Wirtschaftsleistung (BIP) der Länder der Eurozone. Kommt es zu einem Auseinanderbrechen in eine Nord- und Südunion bzw. überhaupt einen Zerfall, dann könnte dies Kosten von 4,5 Billionen Euro verursachen. Dies geht aus einer Studie der Allianz hervor, aus der selbst EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso am Mittwoch zitiert hat. Deutschlands BIP würde um drei Prozent schrumpfen; eine Million Arbeitnehmer in Deutschland würden ihren Job verlieren.
"Für Österreich wäre es eine Katastrophe und ein ökonomischer Super-GAU", sagt WIFO-Chef Karl Aiginger im KURIER-Gespräch. In den nächsten fünf Jahren käme es zu einem erheblichen Einbruch der Konjunktur und zu einer hohen Arbeitslosigkeit. Die Ausfuhren in die ausgeschiedenen Euroländer würden einbrechen. Denn der Kurs des Nord-Euro wäre ohne Pleitestaaten um 20 bis 30 Prozent höher. Österreich wäre wieder in einer Randlage in Europa wie zu Zeiten des Eisernen Vorhangs. "Es wäre ein ökonomischer Vorhang. Wir wären ein Anhängsel der Nord-Eurozone."
Kollaps
Auch die Lage in den aus der Eurozone ausgeschiedenen Ländern wird sich laut einer Erhebung der Schweizer Bank UBS stark verschlechtern. Die neue, eigene Währung würde stark an Wert verlieren und die in Euro gemachten Schulden somit noch stärker steigen. Das Bankensystem würde kollabieren, die Unternehmen von einer Pleitewelle überrollt. Die durch den Austritt verursachten Kosten im ersten Jahr würden bei 11.500 Euro pro Einwohner des ausscheidenden Landes liegen. "Straßenkämpfe und Unruhen könnten die Folge sein", warnt Aiginger.
Unterm Strich wäre seiner Meinung nach eine Rettung der Eurozone nicht nur billiger, sondern auch humaner und für die Bedeutung Europas in der Welt wichtig. "Europas Anteil am Welt-BIP würde stark schrumpfen. Das hätte zur Folge, dass in internationalen Organisationen andere Staaten einflussreicher wären."
Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Auseinanderbrechen kommt, hält Aiginger für sehr gering. "Die meisten Länder wissen, dass sie von der Eurozone profitieren, auch die ärmeren Staaten." Vieles sei jetzt auf dem richtigen Weg. Sei es in Griechenland - "die erste aussichtsreiche Situation seit drei Jahren" - mit einem kleinerem Schuldenberg, einer klaren Parlamentsmehrheit und einem Experten an der Regierungsspitze. Oder in Italien, wo nach Berlusconis Abgang eine Expertenregierung rasch das Sparprogramm umsetzen solle. Und Frankreichs Präsident Sarkozy müsste trotz Wahlen im nächsten Jahr gemäßigte Reformen auf den Weg bringen, rät Aiginger.
Dennoch sieht er noch nicht alles in trockenen Tüchern. "Vor vier Monaten wäre vieles einfacher gegangen. Jetzt kommt leider ein Wirtschaftsabschwung dazu." Zudem würden viele Investoren auf den großen Krach spekulieren. "Sie versuchen alles, dass das auch passiert."
Eurogruppen-Chef Juncker sagte am Donnerstag jedenfalls, dass die Eurozone eine stabile Gruppe sei: "Ich reagiere allergisch auf dumme Ideen wie eine Aufspaltung."
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