Europas Finanzwelt im Fitness-Check
Von Christine Klafl
Das Skript könnte zu einem gerade jetzt zu Halloween beliebten Horrorfilm gehören: Die Wirtschaft stürzt in eine Rezession, die drei Jahre anhält. Dadurch steigt die Zahl der Arbeitslosen deutlich an. Die Immobilienpreise verfallen, die Aktienkurse stürzen ab und auch die Staatsanleihen werden weniger wert. Halten das die Banken aus oder taumeln sie hilflos, wie es zu Zeiten der Finanzkrise passiert ist? Alle zwei Jahre unterziehen die Europäische Zentralbank (EZB) und die oberste Bankenaufsicht der EU, die EBA, einem sogenannten „ Stresstest“. Die Institute müssen beweisen, wie sie mit argen Belastungsproben zurecht kommen würden. Die Veröffentlichung des jüngsten Tests war für Freitagabend angesetzt (und stand bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch aus).
Mit Hochspannung wurde auf die Ergebnisse der italienischen Geldhäuser gewartet. Sie sitzen auf einem besonders hohen Berg an faulen Krediten. Im Vorfeld hieß es, die italienische Banca Carige mit Sitz in Genua habe besonders schlecht abgeschnitten.
Fragen und Antworten zum Banken-EKG:
Wer ist diesmal getestet worden?
Insgesamt 48 Institute aus 15 EU-Ländern sowie aus Norwegen mussten sich in den vergangenen Monaten dem Stresstest unterziehen. Aus Österreich waren Erste Group und RBI dabei.
Was wurde getestet?
Es wurde genau unter die Lupe genommen, wie viel vom Kapitalpolster der jeweiligen Bank von den eingangs erwähnten Katastrophen aufgefressen werden. Dieser Kapitalpolster zeigt, wie widerstandsfähig Geldhäuser sind. Selbst im schlimmsten Stressszenario sollte die Kapitaldecke nicht unter die Schwelle von 5,5 Prozent fallen.
Ist der Stresstest streng genug?
Unabhängige Experten halten den Test jedenfalls für strenger als die Belastungsproben durch die EZB und die EBA vor zwei bzw. vor vier Jahren. Laut EBA ist er auch strenger als vergleichbare Checks, denen sich die US-Banken unterziehen müssen. Diesmal kam dazu, dass durch strengere Vorschriften Banken nun früher Vorsorge für ausfallgefährdete Kredite treffen müssen. Kritiker bemängeln allerdings, dass der Ausfall von Staatsanleihen, die Banken in ihren Büchern haben, zu wenig berücksichtigt wurde.
Was folgt auf die Zeugnisverteilung?
Sitzenbleiben oder Durchfallen gibt es nicht. Die Aufseher werden die Ergebnisse aber sehr wohl dafür heranziehen, um den Instituten mehr Kapital vorzuschreiben, falls sie das für nötig halten. Fällt das Kapital zu tief, kann die Aufsicht auch anordnen, dass die Bank keine Boni und Dividenden ausschütten darf. Das fällt dann natürlich auch in der Öffentlichkeit auf.
Ist durch die Tests die Bankenwelt sicherer?
Jein. Tatsache ist, dass die Geldinstitute jetzt mehr Kapital vorrätig halten müssen als früher und schon deshalb stabiler sind. Aber: Nach dem europäischen Stresstest 2010 (noch vor der Gründung der EBA) waren die irischen Banken unauffällig. Bald darauf brach die Bankenkrise in Irland aus, etliche Institute mussten vom Staat gerettet werden – und Irland musste schließlich unter den Euro-Schutzschirm schlüpfen.