Eine akut bedrohte Spezies
Es ist ein bisschen einsam geworden: Nur noch 14 Staaten erhalten von der größten Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) das begehrte Triple-A-Rating, die Auszeichnung für die höchstmögliche Kreditwürdigkeit.
Eine fast aussterbende Spezies: Vor Ausbruch der Krise, im Juli 2007, bekamen noch 20 Staaten die Bestnote. Immer weniger Staatsschuldpapiere gelten somit als besonders ausfallssicher. Das Bild der Konkurrenz ist ganz ähnlich – einziger Unterschied: Moody’s und Fitch führen Österreich und USA noch mit der Bestnote, dafür hat Großbritannien diese bei ihnen eingebüßt.
Keine Ratingwende
Dass Europa soeben auf Wachstumskurs schwenkt, dürfte sich nicht so rasch in besseren Ratings niederschlagen. Bei Europas Banken, Unternehmen und Staaten überwiegen noch negative Ratingaussichten, so S&P in einem aktuellen Report. Es werde in Europa länger als in den USA dauern, bis sich dieses Bild umkehrt.
Der AAA-Staatenzirkel könnte sogar noch schrumpfen. Bei zwei Ländern warnt ein negativer Ausblick vor möglichen Herabstufungen: Großbritannien, das aber zuletzt mit positiven Wirtschaftsdaten überraschte, sowie die Niederlande.
Warum ist das Triple-A wichtig? Besser geratete Staaten können sich meist günstiger verschulden,weil von ihnen geringere Risikoaufschläge verlangt werden. Das sei aber nur ein Faktor, relativiert WIFO-Experte Franz Hahn: Die Größe des Anleihenmarktes spielt ebenfalls eine Rolle.
Während der größte Anleihen-Emittent USA jedoch seit dem AAA-Verlust im Sommer 2011 höhere Zinsen zahlt, ist der Aufschlag für Österreich gegenüber den Niederlanden marginal. Beurteilen die Investoren diese womöglich kritischer als die Agenturen? Gut möglich, sagt Hahn: „Tendenziell hinken Ratings eher hinterher. Sie dokumentieren quasi im Nachziehverfahren, was der Markt schon eingerechnet hat.“
Er muss aus einem Triple-A-Land kommen: So lautete die Bedingung der Deutschen, als ein neuer Chef der Eurogruppe gesucht wurde. Die Wahl fiel schließlich im Jänner 2013 auf Jeroen Dijsselbloem, Finanzminister der Niederlande. Diese haben ein AAA-Rating – die Frage ist aber: Wie lange noch?
Das Land gilt als Wackelkandidat. Die drei großen Rating-Agenturen haben die Rute bereits ins Fenster gestellt, denn die Zahlen schauen nicht gut aus. Österreich (das sein Triple-A bei Standard & Poor’s im Jänner 2012 eingebüßt hat) steht in fast allen Belangen besser da. Dabei waren die Niederländer ein Hort der Stabilität, sie wetteiferten mit Österreich um die niedrigste Arbeitslosigkeit im Euroraum. Nächstes Jahr werden fast 700.000 Niederländer ohne Job dastehen – binnen drei Jahren wird die Arbeitslosenrate von 4,4 auf 7,5 Prozent geklettert sein.
Immobilien-Krise
Rasche Besserung ist nicht in Sicht: 2013 schrumpft die Wirtschaftsleistung um 1,25 Prozent, 2014 ist nur ein Mini-Wachstum von 0,5 Prozent drin. „Wir sehen erste Anzeichen, dass der Tiefpunkt erreicht sein könnte“, so Edwin van de Haar vom regierungsnahen Forschungsinstitut CPB zum KURIER. Er hebt hervor, dass die Regierung das umstrittene Budget 2014 beschließen konnte – mit 6 Mrd. Euro Einsparungen. Die verlangt die EU, weil sich die Niederlande sonst noch weiter von den Maastricht-Zielen entfernt hätten: Das Budgetdefizit dürfte 2014 bei -3,3 Prozent landen.
Die Staatsschulden sind mit 76 Prozent des BIP ähnlich hoch wie in Österreich. Das viel größere Problem sind aber die privaten Schulden, die sich auf das Zweieinhalbfache der Wirtschaftsleistung auftürmen – ein Negativrekord in der Eurozone. Schuld sind falsche Steueranreize. Fast jeder Niederländer konnte sein Haus auf Pump kaufen, eigenes Geld war kaum nötig. Das ging nur gut, solange die Häuserpreise stiegen – 2008 ist diese Blase geplatzt. Das macht seither den Banken und Verbrauchern gleichermaßen zu schaffen. Der Konsum der überschuldeten Haushalte ist massiv eingebrochen.