Wirtschaft

Duldsam, krisenerprobt: Troika-Liebling Portugal

Was in Österreich für hohe Wellen sorgt, hat Portugal vor eineinhalb Jahren erledigt: ein großes Paket gegen Steuerbetrug, samt Registrierkassenpflicht. "Vor allem kleinen Cafés hat das sehr wehgetan", sagt Astrid Pummer, Österreichs Wirtschaftsdelegierte in Lissabon. "Große Proteste gab es dagegen aber nicht."

Dabei ist das portugiesische System um vieles radikaler – auch für Konsumenten gilt eine Belegpflicht. "Wer in Portugal lebt, kann nicht einmal die Zeitung kaufen, ohne seine Steuernummer zu nennen", so Pummer. Anders als im übrigen Südeuropa werde Steuerhinterziehung nicht als Kavaliersdelikt gesehen. Der Fiskus weiß also bestens über das Einkaufsverhalten Bescheid. Belohnt wird der gläserne Kunde mit der Teilnahme an der staatlichen Beleglotterie, bei der Luxusautos oder Bargeld winken. Und durch großzügigere steuerliche Absetzbeträge.

Vorauseilend gehorsam

In existenzielle Probleme gestürzt hat viele Gastronomiebetriebe allerdings die Anhebung der Mehrwertsteuer – von 6 auf sage und schreibe 23 Prozent. Höhere Konsumsteuern waren eine jener Maßnahmen, die der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Troika im Gegenzug für das 78 Milliarden Euro umfassende Rettungspaket verlangt hatten.

Die Staatsschulden sind noch immer extrem hoch (131 Prozent des BIP), auch Unternehmen und Privathaushalte stehen tief in der Kreide. Das Werben der griechischen Syriza-Regierung um Verbündete für einen Schuldenschnitt kam dennoch nicht gut an, sagt Pummer. "Die Portugiesen sehen sich in ein falsches Licht gerückt. Sie waren ein Musterschüler, haben vieles in vorauseilendem Gehorsam erfüllt." Die typischen IWF-Auflagen kannten sie noch von 1984, als der IWF bereits einmal eingeritten war.

Im Mai 2014 ist das Land unter dem Rettungsschirm hervorgeschlüpft und konnte sogar eine IWF-Kredittranche vorzeitig tilgen. Inzwischen hält sich Portugal wie Irland allein über Wasser, die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen sind von 12 Prozent vor dem Hilfsantrag auf 1,7 Prozent gesunken.

Dazu waren tiefe Einschnitte nötig. Die generelle Mehrwertsteuer stieg von 19 auf 23 Prozent. Der Kündigungsschutz wurde massiv gelockert. Für Beamte setzte es drastische Gehaltskürzungen. Mieter aus günstigen "Revolutionszins"-Wohnungen können zur Räumung bewegt werden. 14 Prozent der Beschäftigten verdienen gerade einmal den Mindestlohn von 505 Euro brutto.

Bisher erwiesen sich die Portugiesen als erstaunlich duldsam: Anders als in Griechenland oder Spanien gibt es keine großen Protestparteien. Obwohl dem Ex-Premier Jose Socrates (2005 bis 2011) Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung vorgeworfen werden, dürfte sein Nachfolger als Chef der Sozialdemokraten, Antonio Costa, die Wahl im Oktober gewinnen und den liberal-konservativen Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho ablösen.

Im Vorjahr wuchs Portugals Wirtschaft erstmals seit 2010 (plus 0,9 Prozent). Die Exporte stiegen binnen fünf Jahren von 28 auf 41 Prozent des BIP. Nach Österreich gingen im abgelaufenen Jahr Waren im Wert von fast 500 Mio. Euro – vor allem Autos aus dem VW-Werk südlich von Lissabon. Österreich exportierte Waren um knapp 300 Millionen Euro nach Portugal, vor allem Maschinen.