Dollar setzt Fett an, Euro magert ab
Von Christine Klafl
Schon seit Wochen geht der Euro in die Knie. Am Dienstagvormittag war er mit 1,3110 US-Dollar so billig wie schon seit einem Jahr nicht mehr. Immer mehr Analysten senken ihre Prognosen: Die US-Bank JPMorgan Chase etwa sieht das Euro-Dollar-Verhältnis Mitte des kommenden Jahres jetzt bei 1,26. Bisher waren die US-Banker von 1,28 ausgegangen. Goldman Sachs sagt überhaupt die Euro-Dollar-Parität, also ein Verhältnis 1:1 voraus. Das gab es zuletzt vor 12 Jahren. Das große Aber: Die Parität wird bis zum Ende 2017 prognostiziert. Allzu treffsicher wird diese Prognose damit wohl nicht sein. Genüsslich verweist ein Analyst auf n-tv online darauf hin, dass Goldman Sachs schon in der Vergangenheit irrte. Im Mai 2008 habe die US-Bank einen Ölpreis von 200 Dollar je Fass vorausgesagt. In der Folge sei der Ölpreis allerdings auf unter 40 Dollar gefallen.
Welche Prognose auch immer eintreffen wird: Tatsache ist, dass die US-Wirtschaft eindeutig besser unterwegs ist als jene der Eurozone. Tatsache ist auch, dass die US-Notenbank Fed die Leitzinsen viel früher anheben wird als die Europäische Zentralbank (EZB). Die im Frühjahr 2015 erwartete Fed-Zinsanhebung macht den Dollar für Investoren attraktiver. Die Hoffnung bei Investments in den USA: Zu den Renditen von US-Staatsanleihen, die über jenen vieler Euro-Staaten liegen, können – aus Euro-Sicht – auch noch Währungsgewinne dazu kommen.
Teurere Importe
Ein schwächerer Euro kann helfen, die Exporte aus dem Euroraum anzukurbeln, weil ihre Produkte für Abnehmer aus dem Dollarraum günstiger werden. Nachteil eines teureren Dollar, zumindest aus Konsumentensicht: Produkte, die in der US-Währung gehandelt werden, verteuern sich. Das trifft vor allem auf Öl zu – die Treibstoffpreise könnten anziehen. Schlecht für die Autofahrer, gut aber für EZB-Chef Mario Draghi. Seine größte Sorge derzeit ist die Mini-Inflation im Euroraum von durchschnittlich nur noch 0,3 Prozent. Verteuern sich Importe, kann das die Teuerungsraten hochdrücken. Die Gefahr einer Deflation als Spirale von sinkenden Preisen, nachlassendem Konsum, weniger Investitionen und hohen Arbeitslosenraten wäre damit gebannt.
EZB-Boss Draghi hat schon mehrmals angekündigt, dass er alles unternehmen will, um eine Deflation zu verhindern. Im EZB-Rat überlegt wurden beispielsweise Aufkäufe von Kredit-Portfolios. Die Erwartung, dass Draghi schon bei der nächsten EZB-Sitzung diesen Donnerstag Nägel mit Köpfen macht, ist gestiegen. Damit ist aber auch das Enttäuschungspotenzial gestiegen, falls die Euro-Notenbanker weiter zuwarten wollen.