dm rüttelt wieder am Apothekenmonopol
Von Anita Staudacher
Ein Apotheker aus Wien darf Lemocin-Halswehtabletten oder Bepanthen-Salben ohne Beratung österreichweit verschicken, aber der Drogeriekette dm ist es nach wie vor untersagt, diese Produkte ins Regal zu schlichten. Gegen diese „Ungerechtigkeit“ beim Verkauf von rezeptfreien Arzneimitteln (so genannter OTC-Produkte) kämpft dm seit Jahren. Zwei mal blitzte man mit einer Klage gegen das Apothekenmonopol beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits ab. Jetzt wird mit einem neuen Anwaltsteam ein dritter Versuch gestartet.
„In anderen europäischen Ländern können wir unseren Kunden ein umfangreiches Sortiment rezeptfreier Arzneimittel zu attraktiven Preisen anbieten. In Österreich dürfen wir nicht einmal alle Eigenmarken-Produkte vertreiben, die von dm für den EU-Markt produziert werden“, klagt dm-Geschäftsführer Harald Bauer. Er verspricht den Kunden „bis zu 40 Prozent Preisersparnis gegenüber den Apothekenpreisen“.
Streitfall Arzneimittelgesetz
dm-Anwalt Mathis Fister pocht nun auf eine inhaltliche Entscheidung durch die Verfassungsrichter und beruft sich dabei auf das Arzneimittelgesetz. Dieses sehe vor, bestimmte Arzneimittel für den Verkauf in Drogerien freizugeben. Darunter würden laut Fisters Interpretation auch rezeptfreie Arzneien fallen. „In der derzeit geltenden Verordnung ist dies aber nicht geschehen, was unserer Ansicht nach mit den gesetzlichen Vorgaben nicht im Einklang steht.“
Drogerien wären ebenso wie Online-Apotheken in der Lage, die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten und Kunden qualifizierte Beratung anzubieten. Rückendeckung erhält dm von der Bundeswettbwerbsbehörde (BWB), die eine weitreichende Liberalisierung des OTC-Marktes – mit Ausnahme von Tankstellen und Supemärkten – empfiehlt.
Nach früheren Aussagen erwartet sich dm durch den Einstieg in den Selbstmedikations-Markt einen Mehrumsatz von 40 bis 80 Mio. Euro. Das Sortiment würde rund 200 Produkte umfassen, darunter die Bestseller Aspirin, Sypradyn oder Bepanthen. Der gesamte OTC-Markt ist rund 500 Mio. Euro schwer und stark wachsend.
„Keine Waschmittel“
Die Apothekerkammer gibt dem neuerlichen Vorstoß wenig Chancen, die geltende Rechtslage sei klar. Rezeptfreie Arzneien dürfen „eindeutig nicht verkauft werden“. Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr kritisiert dm auch für die angekündigte Rabattschlacht: „Medikamente sind keine Waschmittel, die möglichst billig verschleudert werden dürfen.“ Die Drogeriekette offenbare damit einen erschreckend leichtfertigen Umgang mit der Gesundheit der Menschen.