Dividenden als neue Zinsen? „Das ist ein Unfug“
Schlingernde chinesische Immobilienkonzerne, Lieferketten-Probleme, steigende Rohstoffpreise und dadurch bedingt wiederkehrende Konjunktursorgen. Das alles belastete in jüngster Zeit das Klima an den internationalen Aktienmärkten. „Ich glaube, noch wird es an den Börsen nicht turbulent“, sagt Investmentexperte und Autor Gerhard Massenbauer im KURIER-Talk. „Die Notenbanken drucken fast rund um die Welt immer noch massiv Geld. Und solange diese Liquidität anhält, sind Erscheinungen wie der Immobilienkonzern Evergreen vielleicht kurz geeignet, um die Nervosität anzuregen, aber noch nichts, was die Börsen spürbar beeinflusst“, erklärt Massenbauer seinen Optimismus.
Dieser manifestiert sich auch in seinem neuen Buch „Die kommenden Roaring Twenties“. Demnach könnten Anleger trotz steigender Inflation und Tiefstzinsen auch in diesem Jahrzehnt gute Renditen erzielen – sofern sie sich vom Sparbuch verabschieden. Denn die Zinsen würden weiterhin tief bleiben, damit sich die Staaten leichter entschulden könnten.
Simpler Ansatz
Massenbauers Investmentansatz ist relativ simpel: Die Gelder sollen zu je 25 Prozent in Aktien, Anleihen, Rohstoffe und alternative Investments gesteckt werden. Dass der Aktienanteil relativ niedrig erscheint, liege daran, dass „ich in erster Linie an sicherheitsorientierte, klassische österreichische Anleger gedacht habe. Für die meisten ist ein Aktienanteil von 25 Prozent unglaublich viel, gemessen daran, was sie gewohnt sind“.
Die bei Aktien möglichen Schwankungen seien für viele heimische Anleger zu groß; und dass in der Finanzindustrie propagiert werde, dass die Dividende der neue Zins sei, „ist ein Unfug. Sie kann jederzeit gekündigt werden.“
Klimaschutz
Wenn Geld keine Zinsen bringt, dann seien Edelmetalle ein dringendes Investment wert, sagte Massenbauer 2017. „Das hat sich in den letzten vier Jahren unglaublich bezahlt gemacht.“ Die alte Weisheit, „Gold ist kein Investment, weil es keine Zinsen trägt“, sieht der Experte anders. „Wenn Geld keine Zinsen trägt, ist Gold umso attraktiver, weil es nicht beliebig vermehrbar ist.“ Heute bekräftigt er diesen Standpunkt umso mehr. „Wir brauchen vor allem Weißmetalle. Silber für Chips, für Green Tech Platin und teilweise auch Palladium.“ Generell sieht er den Umbau der Industrie hin zu Green Tech nicht als Bedrohung, sondern als Chance. „Wenn wir die Erderwärmung reduzieren wollen, dann wird all das passieren müssen.“ Robert Kleedorfer