Wirtschaft

Diesel-Gate: Nicht alle Autobesitzer trauen VW über den Weg

"Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht." Dieses Sprichwort verfolgt den Volkswagen-Konzern wie kein anderes Unternehmen. Denn: Nach den groß angelegten Abgas-Manipulationen bei Millionen Fahrzeugen herrscht noch immer Misstrauen gegen den Autobauer. In Österreich sind 388.000 Fahrzeuge der Marken Audi, Seat, Skoda und VW betroffen. Bei 242.000 Fahrzeugen soll im Zuge eines Rückrufs ein Software-Update den Mangel beheben. Die Motorleistung und der Treibstoff-Verbrauch sollen laut Generalimporteur Porsche Austria durch den Eingriff nicht verändert werden.

Doch nicht alle betroffenen Autobesitzer trauen VW über den Weg. "Wir haben für den Eigentümer eines Audi Q5 beim Bezirksgericht Amstetten einen Beweis-Sicherungsantrag eingebracht, weitere Anträge werden folgen", sagt Anwalt Michael Poduschka, der 200 betroffene Fahrzeugbesitzer vertritt, zum KURIER. "Wir wollen den aktuellen Treibstoff-Verbrauch des Audi, die Kilowatt-Leistung und den Beschleunigungsaufbau feststellen lassen, um diese Werte dann mit den Werten nach dem Update durch Audi vergleichen zu können."

Sollten die Danach-Werte massiv abweichen, wird wohl eine Schadenersatzklage gegen Audi erhoben. Laut Poduschka kostet ein solcher Vorher-Nachher-Test pro Fahrzeug - ohne Abgasmessungen - etwa 7000 Euro. Er empfiehlt dem Gericht als (einzige) unabhängige Prüfstelle in Österreich das renommierte Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der Technischen Universität (TU) Wien.

Umstrittene Ansicht

Für Autobesitzer, die über eine Kfz-Rechtsschutzversicherung verfügen, sollten keine Kosten anfallen. Laut Poduschka muss die Versicherung die Kosten dann übernehmen, wenn die Polizze auch einen Fahrzeug-Vertrags-Rechtsschutz beinhaltet. Über einen solchen verfügt u.a. die Mobilitätsrechtschutz-Polizze des Autofahrerclubs ÖAMTC. Der Club vermittelt Polizzen der Generali Versicherung. Die sieht die Sachlage anders. "Eine Beweissicherung decken wir nicht, weil noch kein Schaden eingetreten ist", sagt Sergius Kahr, Leiter der Rechtsschutzabteilung der Generali. "Erst wenn es einen nachvollziehbaren Schaden gibt, dann decken wir." Für Poduschka ist der Schaden bereits eingetreten. "Mein Klient hat ein Auto mit einer manipulierten Software erhalten, das er so nicht wollte", sagt der Anwalt.

Umfangreiche Tests durch ÖAMTC

Indes wird der ÖAMTC mit der TU Wien komplexe Tests an Fahrzeugen des VW-Konzerns durchführen. Außerdem gibt es Tests in Zusammenarbeit mit europäischen Schwesterorganisationen. "Wir machen wissenschaftliche Tests mit TU Wien, das sind sehr aufwendige Testverfahren, pro Fahrzeug kostet so ein Test rund 25.000 Euro", sagt ÖAMTC-Sprecher Bernhard Wiesinger zum KURIER. "Wir testen nach mehreren Fahrzyklen, um eine Vergleichbarkeit sichersstellen zu können. Unter anderem auf dem Prüfstand und sozusagen im echten Leben." Nachsatz: "Wir wollen technisch absolute Klarheit haben." So wird in einem Vorher-Nachher-Testverfahren unter anderem die tatsächliche Leistung (Kilowatt) der Fahrzeuge erhoben. "Gibt es wesentliche Abweichungen, ist das der Ausgangspunkt für Schadenersatzforderungen", sagt Wiesinger. Der ÖAMTC wird dazu Mitglieder aufrufen, mit ihren Fahrzeugen an den Tests teilzunehmen.

Laut deutschen Gerichten besteht ein Schadenersatzanspruch ab einem Treibstoff-Mehrverbrauch von mehr als zehn Prozent. In Österreich gibt es noch keinen Präzedenzfall. Der Abgas-Skandal bescherte VW im zweiten Monat in Folge einen Absatzrückgang. Im November betrug das Minus 2,2 Prozent. Trotzdem will VW keine Rabattschlacht beginnen.