Wirtschaft

Deutsche Wohnen will Mehrheit an conwert

Das börsennotierte deutsche Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen will die Mehrheit an der österreichischen Immobilienfirma conwert übernehmen. Man biete 11,50 Euro in bar je Aktie - laut Finanzvorstand Andreas Segal ein "fairer" Preis. Es sei notwendig, die conwert einer Restrukturierung zu unterziehen - das koste Geld. Aus eigener Kraft, so die Bieter, könnte sich conwert nicht restrukturieren. Deutsche Wohnen will auch die conwert-Wandelschuldverschreibungen übernehmen. Der Deal kommt aber nur zustande, wenn mindestens 50 Prozent plus eine Aktie angeboten werden.

Die Aktien der conwert legten am Montag nach dem Übernahmeangebot deutlich zu. Knapp nach 9.50 Uhr schnellten die Papiere um 9,39 Prozent auf 12,00 Euro nach oben. Zuvor waren sie vom Handel ausgesetzt gewesen. Hingegen fielen die Papiere der Deutsche Wohnen am Vormittag um 0,17 Prozent auf 23,86 Euro.

Investor: Kein faires Angebot

Kritik an dem Angebot kam von Investor Alexander Proschofsky: "Der von Deutsche Wohnen gebotene Preis von 11,50 Euro/Aktie entspricht in keiner Weise dem fairen Wert und berücksichtigt weder die erheblichen Bewertungsreserven noch eine strategische Prämie". Er ist über seine Firma Cube Invest an conwert beteiligt. Grundsätzlich, so schreibt der kritische Investor, stehe Cube Invest dem Einstieg eines professionellen und fachkundigen Immobilieninvestors bei conwert positiv gegenüber. Mangelnde Immobilienfachkenntnis und ein inakzeptabler Umgang mit Aktionärsrechten durch den kontrollierenden Aktionär Haselsteiner und die von ihm entsandten Entscheidungsträger hätten dem Unternehmen in den letzten Jahren viel Potenzial gekostet.

Als eine "Perle hinter einer verschmutzten Auslagenscheibe" nennt Klaus Umek als einer der heutigen conwert-Miteigentümer (Petrus Advisers) die Immobilienfirma. "Ich kümmere mich darum, dass die Scheibe geputzt wird", sagte er in der Presse (Montagausgabe). Seine Mutter habe 15,30 Euro für eine Aktie bezahlt, heute stehe man bei zirka 11 Euro. Der Höchstkurs lag bei 18 Euro. "Ich gehe davon aus, dass das wieder erreichbar ist, wenn die Missstände beendet werden."

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Hans Peter Haselsteinerund die Mitglieder der Familie Ehlerding unterstützten laut einer Aussendung das Angebot. Die Haselsteiner Familien-Privatstiftung ("HFP") wolle rund 19 Prozent der conwert-Aktien abtreten und sich auf 5,1 Prozent zurückziehen. InvestorKarl Ehlerdingund Familienmitglieder wollen 6,6 Prozent der Aktien verkaufen, davon 1,2 Prozent in der Nachfrist, sodass sich Deutsche Wohnen bereits im Vorfeld 25 Prozent der conwert-Aktien gesichert hat.

Eigentümer-Struktur von conwert im Detail

Rückzug aus Osteuropa

conwert ist gerade dabei, sich sukzessive aus Osteuropa zurückzuziehen. Der börsennotierte Konzern will sich stattdessen auf Immobilien in Österreich und Deutschland konzentrieren.

In der Branche war erwartet worden, dass Deutsche Wohnen mit einer Übernahme nachzieht, nachdem Deutsche Annington und Gagfah unlängst ihre Fusion bekannt gegeben hatten. Sie schmieden den mit Abstand größten Wohnungskonzern in Deutschland, der insgesamt rund 350.000 Wohnungen bundesweit verwaltet. Deutsche Wohnen ist bisher die Nummer Zwei auf dem Markt.

„Die Deutsche Wohnen steht gut da und ist irrsinnig auf Expansion aus. Sie notiert deutlich über ihrem Nettoinventarwert und das ist ein starker Vertrauensbeweis in die zukünftige Entwicklung“, sagt Wilhelm Rasinger, Präsident des Interessenverband für Ableger (IVA), im Gespärch mit dem KURIER: „Bei der conwert ist es genau das Gegenteil, die Dinge sind in den vergangenen Jahren nicht zur vollsten Zufriedenheit der Aktionäre gelaufen.“ Die deutschen Immobilien von der conwert passen gut in Portefeuille der Deutschen Wohnen. Indes ist die conwert "wahnsinnig teuer refinanziert" und auf einen neuen Mehrheitseigentümer wartet viel Arbeit, um conwert ins Verdienen zu bringen.

„Zum Übernahmeangebot von 11,5 Euro pro Aktie habe ich eine ambivalente Einstellung“, sagt Rasinger. „Wenn ich mir den Kursverlauf der vergangenen Jahre anschaue, dann hat man den Kurs von 11,5 Euro schon lange nicht mehr gesehen. Aus Sicht von Deutsche Wohnen ist es ein faires Angebot, aus der Sicht eines langfristigen Aktionärs ist es nicht attraktiv.“ Letztere würden rund 15 Euro pro Aktie erwarten. „Es wäre schade, wenn die Übernahme durch Deutsche Wohnen scheitern würde“, sagt der Aktionärsvertreter. „Ich gehe davon aus, dass das letzte Wort beim Preis noch nicht gesprochen ist.“

Die Haselsteiner Familien-Privatstiftung, die 24,4 Prozent an conwert hält, ist der Kernaktionär der Immobilienholding. Der Finanzinvestor Petrus Advisers LLP hält einen Anteil von 6,74 Prozent, die FIL Limited (Fidelity) verfügt über einen Stimmrechtsanteil von 5,02 Prozent und EARNEST Partners, LLC, eine große internationale Investmentgesellschaft mit Hauptsitz in Atlanta, Georgia, USA hält 4,96 Prozent. Weitere rund 38,1 Prozent werden von institutionellen Investoren und rund 17,8 Prozent von Privataktionären gehalten.

Der Anteil der eigenen Aktien am Unternehmen beträgt 3,02 Prozent. conwert sind aufgrund von Rückkäufen von 5,25-Prozent-Wandelschuldverschreibungen 2010-2016 weitere 2,44 Prozent der Stimmrechte gemäß § 91a Abs 5 BörseG zuzurechnen, obwohl conwert gemäß § 51 AktG die Wandlungsrechte aus den Wandelschuldverschreibungen nicht ausüben kann.