Wirtschaft

Gegenverkehr aus Österreich

Übers "Deutsche Eck" nach Innsbruck, zum Wandern an den Rhein, Urlaub an der Ostseeküste oder zum Oktoberfest nach München – 1,8 Millionen Österreicher fahren zumindest ein Mal pro Jahr nach oder durch Deutschland. 1,8 Millionen, die ab Jahreswechsel dafür blechen müssen. So sieht es zumindest der deutsche Gesetzgeber vor. Jetzt fehlt nur noch die Unterschrift von Bundespräsident Joachim Gauck und die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt, dann ist es fix. Deutschland wird 2016 eine Pkw-Maut einführen.

Rasche Prüfung

Autofahrer werden sich über die Maut ärgern. Politiker regt sie jetzt schon massiv auf. Vor allem Polit-Vertreter aus Österreich und den Niederländern wettern lautstark. Verkehrsminister Alois Stöger hat jetzt einen Brief an EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc losgeschickt. Darin fordert er die "Sehr geehrte Frau Kommissarin! Werte Kollegin!" auf, die EU-Konformität der Maut so rasch wie möglich zu prüfen.

Für Sand im Getriebe sorgt, dass die deutsche Maut letztlich eine "Ausländer-Maut" ist. Ausländer zahlen sie, Deutsche zwar auch, aber sie werden bei der Kfz-Steuer entsprechend entlastet. Laut Gutachten von Univ.Prof. Walter Obwexer vom Institut für Europarecht und Völkerrecht an der Uni Innsbruck verletzt die Koppelung von Abgabe und Senkung der Kfz-Steuer EU-Recht. Konsequenz: Deutschland droht ein Vertragsverletzungsverfahren.

Was die Deutschen jetzt bei der Maut probieren, könnte in anderen Ländern für enorme Kreativität beim Abzocken von Ausländern führen, wettern die Kritiker. Ein Beispiel: Ein Land, etwa Österreich, könnte saftige Studiengebühren einführen und sie via Kinderbeihilfe an die Inländer zurückzahlen. Auch das wäre eine klassische Verletzung des EU-Rechts.

Ist die deutsche Maut mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt offiziell, wird sich Österreich auch offiziell bei der EU-Kommission beschweren. Einen entsprechenden Ministerratsbeschluss wird es Mitte bis Ende Juni geben. Dann hat die Kommission drei Monate Zeit zu überlegen, wie sie vorgehen wird. Im Verkehrsministerium in Wien geht man davon aus, dass die Kommission Ende September, Anfang Oktober Deutschland verklagen wird.

Alle, die durch Deutschland touren, wissen aus eigener Erfahrung, dass die Infrastruktur dort teilweise marode ist und viel Geld nötig ist, um sie zu sanieren. Geld dafür soll auch aus der Maut kommen. Insider vermuten daher, dass die Abgabe in jedem Fall kommen, die Entlastung der Deutschen bei der Kfz-Steuer aber fallen wird. Dann werden sich auch deutsche Autofahrer kräftig ärgern.

Deutsche Pkw-Maut

Staffelung: Für Ausländer ist Maut nur auf Autobahnen in Deutschland fällig. Die 10-Tages-Vignette wird – je nach Fahrzeugklasse – fünf, zehn oder 15 Euro kosten. Für zwei Monate sind 16, 22 oder 30 Euro zu zahlen. Die Vignetten können über das Internet oder an Tankstellen gekauft werden.

Elektronisch: Die Vignette ist nicht auf die Windschutzscheibe zu kleben. Bei Zahlung wird sie automatisch mit dem Kfz-Kennzeichen verbunden. Kontrolliert wird über fest installierte und mobile Geräte, die per Fotoabgleich der Kennzeichen erkennen, ob gezahlt wurde.