Wirtschaft

Deutsche Bank: Schrumpfkur für mehr Profit

Ein "supergutes erstes Quartal" 2015 (Strategiechef Stefan Krause) war nicht genug: Um die Investoren zufriedenzustellen, kündigte die Deutsche Bank am Montag eine Schrumpfkur an, die Deutschlands größtes Geldhaus deutlich profitabler machen soll.

Dieser Umbau hat es in sich: 200 von 750 Filialen auf dem deutschen Heimmarkt werden zugesperrt. Aus sieben bis zehn ihrer 70 Auslandsmärkte zieht sich die Deutsche Bank zurück. Das Investmentbanking, das jetzt 900 Milliarden Euro ausmacht, wird bis 2018 um ein Fünftel zurückgestutzt. Und bei der erst 2010 erworbenen Postbank, die mit 14.800 Beschäftigten ein riesiges Privatkundengeschäft abwickelt, wird die Reißleine gezogen: Bis Ende 2016 will man gut die Hälfte der Aktien über die Börse loswerden. Auf Dauer will man die Postbank ganz anbringen – das soll drei Milliarden Euro Kosten im Jahr sparen.

Aktie im Minus

"Wir werden nicht mehr versuchen, alles für jeden zu sein", sagte Vorstandschef Jürgen Fitschen. Jedoch wolle man eine Universalbank bleiben. Das sorgte an den Börsen zunächst für Enttäuschung. Viele Investoren hätten sich radikalere Schnitte wie die komplette Abspaltung des Privatkundengeschäfts erhofft. Die Aktie lag am Montag gut vier Prozent im Minus.

"Der Aktienkurs ist uns wichtig. Die Strategie war aber nicht auf Applaus am ersten Tag ausgerichtet", sagte Co-Chef Anshu Jain. Peinlich für die Chefs: Sie mussten sich von ihren selbst gesteckten Zielen verabschieden. Die angepeilten 12 Prozent Rendite auf das Eigenkapital (nach Steuern) seien unrealistisch gewesen. Neues Ziel sind "mehr als 10 Prozent" – doch auch davon ist die Deutsche Bank weit entfernt. Deshalb heißt es sparen, sparen, sparen. Abseits der Postbank sollen die Kosten um 3,5 Milliarden Euro jährlich sinken. Welchen Personalabbau das im Konzern, der 98.000 Vollzeitstellen zählt, bedeutet, wollten die Deutsche-Chefs trotz mehrfacher Nachfragen nicht beantworten.

Beim Umbau reden allerdings auch die Aufseher ein kräftiges Wörtchen mit. Sie verlangen von den Großbanken, ihr Geschäft auf eine stabilere Basis zu stellen. Die Deutsche Bank liegt hier noch unter den Werten, die künftig als Vorgabe erwartet werden. Ihre Verschuldungsquote von 3,4 Prozent bedeutet, dass 100 Euro in der Bilanz mit 3,4 Euro eigenem Geld abgesichert sind. Die Bank peilt nun freiwillig 5 Prozent an.

Kritische Fragen mussten sich Fitschen und Jain zum von ihnen verantworteten "Kulturwandel" anhören, der Vorfälle wie die Manipulation der Zinssätze unterbinden soll. Diese Skandale aus der Vergangenheit brachten der Bank Milliarden-Geldbußen ein. Dass auch bei der Aufarbeitung der Fälle nicht alles glatt gelaufen sei, sei "schmerzhaft", so Fitschen.

Am Dienstag beginnt in München einer der spektakulärsten deutschen Wirtschaftsprozesse seit Jahren. Auf der Anklagebank wird die Prominenz des größten deutschen Geldhauses, der Deutschen Bank, Platz nehmen: der amtierende Co-Chef Jürgen Fitschen (66), seine Vorgänger Josef Ackermann (67) und Rolf Breuer (77), der ehemalige Aufsichtsratschef Clemens Börsig (66) und der frühere Personalchef Tessen von Heydebreck (70). Die Staatsanwaltschaft wirft den Manager-Urgesteinen versuchten Prozessbetrug im „Fall Kirch“ vor. Es drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Die Staatsanwaltschaft will den Angeklagten die systematische Täuschung von Richtern nachweisen. Sie sollen sich auf eine gemeinsame Strategie verständigt haben, um durch unwahre Angaben zu verhindern, dass die Deutsche Bank Schadenersatz an die Erben des Medienunternehmers Leo Kirch zahlen muss. Kirch hatte bis zu seinem Tod die Deutsche Bank für die Pleite seines Konzerns verantwortlich gemacht. Tatsache ist, dass der damalige Bank-Boss Breuer 2002 in einem TV-Interview die Kreditwürdigkeit Kirchs angezweifelt hatte. Das hatte den Niedergang des Kirch-Imperiums zumindest beschleunigt. Kirch war immer der Meinung, dass die Bank an der Zerschlagung seines Konzerns verdienen wollte. Ein langer Rechtsstreit folgte, 2011 starb Kirch mit 84 Jahren. Die Erben stritten weiter. Vor gut einem Jahr musste die Bank 925 Millionen Euro Schadenersatz an sie zahlen.

Lügner

Im Urteil dazu machte der Richter klar, dass er die Herren von der Deutschen Bank mit ihrem Stab an Anwälten für dreiste Lügner hält, die das Gericht übertölpeln und so eine Zahlung an Kirch verhindern wollten. Diesen Vorwurf griff die Staatsanwaltschaft auf – jetzt folgt der Prozess.

Jürgen Fitschen, dem amtierenden Co-Chef der Deutschen Bank, wird die Zeit auf der Anklagebank besonders fehlen. Steckt er mit seinem Co-Vorstand Anshu Jain doch mitten im Umbau der Bank. Einen Vergleich als schnelle Lösung habe er aber nicht in Erwägung gezogen, sagte er kürzlich in einem Stern-Interview. „Das Fatale ist, dass einen manche schon vorverurteilen“, beklagte er sich. Und: „Ich war ja aufrichtig.“
Prominent besetzt in diesem Prozess ist auch die Richterbank: Peter Noll, der Vorsitzende der fünften Strafkammer, führte auch den Korruptionsprozess gegen Formel-1-Chef Bernie Ecclestone. Gegen eine Rekordzahlung von 100 Millionen Dollar war dieser Prozess vergangenen Sommer eingestellt worden.