Wirtschaft

Deutsche Bank: Führungsduo tritt ab

Seit Wochen steigt der Druck der Aktionäre , seit Wochen hatten sie sich gegen einen Rücktritt gewehrt. Am Sonntag gaben sie schließlich auf: Anshu Jain und Jürgen Fitschen, die beiden Chefs der Deutschen Bank erklärten ihren Rücktritt.

Ihnen wurden die vielen Skandale, in die das größte deutsche Geldhaus in den vergangenen Jahren verwickelt war, und ein nicht gelungener Strategiewechsel zum Verhängnis. Schon bei der Hauptversammlung Ende Mai wurde die Wut der Anleger auf das Führungsduo offensichtlich. Jain und Fitschen wurden mit nur 61 Prozent der Stimmen entlastet – so wenig wie noch nie in der Geschichte der Deutschen Bank. Der strategische Umbau der Bank war kräftig missglückt. Trotz der Ankündigung zum Verkauf der Postbank und der Schließung Hunderter Filialen fiel der Aktienkurs weiter.

Auch intern hagelte es Kritik. Der Betriebsrat veröffentlichte Ende Mai ein Flugblatt mit der Überschrift "Wind of Change? Wind of Jain", in dem er indirekt den Rücktritt forderte.

Neuer Chef

Zeitgleich mit der Verkündung des Rücktritts von Jain und Fitschen gab die Deutsche Bank am Sonntag auch schon die Nachfolge bekannt: Der Brite John Cryan (54) wird schon ab Juli Jain ersetzen. Cryan ist Aufsichtsrat der Deutschen Bank und Europa-Chef des Staatsfonds von Singapur. Zuvor war er Finanzchef der Schweizer UBS, die er durch die schwerste Krise steuerte.

Fitschen wird noch bis zur nächsten Hauptversammlung im Mai 2016 in der Führungsetage der Deutschen Bank bleiben.

Zocker und Vegetarier

Jain wurde seit seiner Berufung an die Spitze der Deutschen Bank in Juni 2012 mit Skepsis beäugt. Immerhin war er über zehn Jahre für den Aufbau des Investmentbankings der Deutschen Bank in London zuständig – ein Geschäft, das von Kunden mit wilder Spekulation und Auslöser der Finanzkrise gleichgesetzt wird.Dabei ist Jain selbst alles andere als ein wilder, extrovertierter Zocker. Dem im indischen Jaipur geborenen Banker wird Zurückhaltung, höchste Disziplin und harte Arbeit zugeschrieben.Alles Eigenschaften, die typisch für die Religionsgemeinschaft der Jainas sind, der Jain angehört. Viele der 4,4 Millionen Anhänger haben große Karriere in der Finanzwelt gemacht – wie etwa auch Jains Cousin Ajit, der für Warren Buffett arbeitet. Die Jainas haben sich der absoluten Gewaltfreiheit verschrieben. Der Banker-Job passt ihrer Ansicht nach da perfekt dazu. Wer auf Gewalt verzichtet, muss Vegetarier sein. Fleisch-Verzehr ist für Jainas verboten. Die Religionsgemeinschaft geht sogar noch einen Schritt weiter: Anhänger dürfen nur Früchte und Gemüse essen, das nachwächst. Wurzelgemüse wie Karotten sind ausgeschlossen.So gesehen wäre Jain der Umbau der Deutschen Bank – weg vom Investmentbanking hin zum einfachen Privatkundengeschäft – durchaus zuzutrauen gewesen.

April 2015: 2,5 Milliarden Dollar (2,23 Milliarden Euro) wegen Verwicklung in die Manipulation von Zinsen.

Ende 2014: 450 Millionen Euro für die Rückzahlung von laut Gericht unzulässigen Gebühren bei Verbraucherkrediten.

Februar 2014: 925 Millionen Euro zur Beilegung eines langjährigen Streits um die Pleite des Medienhauses Kirch.

Ende 2013: 1,9 Milliarden Euro im Streit um US-Hypotehekenpapiere.

Ende 2013: 725 Millionen Euro Strafe der EU-Kommission für Zinsmanipulationen.

Mai 2012: 202 Millionen Euro zur Beilegung einer Klage wegen US-Hypothekengeschäften.

März 2012: Millionenzahlung in einem Streit mit der Stadt Mailand über umstrittene Zinswetten.