Der Lebensmittel-Clan: Wer hinter der Marke Spitz steckt
Von Simone Hoepke
KURIER: Spitz gilt als der Eigenmarkenproduzent von Hofer. Wie viel vom Umsatz machen Sie wirklich mit Hofer?
Walter Scherb sen.: Rewe, Spar und Hofer decken mehr als 85 Prozent des Marktes ab. Sie können sich ausrechnen, dass diese Kunden wichtig sind. Die Prozente sag’ ich nicht. Wenn Sie nach der Export-Quote von Spitz fragen – 35 Prozent.
Inklusive dem Energy Drink Power Horse? Senior: Nein, Power Horse exportieren wir zu 99 Prozent, sind in Afrika und dem Arabischen Raum sehr stark. In Nigeria und Saudi-Arabien sind wir Marktführer – also größer als Red Bull. Wobei Saudi-Arabien gerade ein schwieriger Markt ist.
Inwiefern?
Senior: Dort wurde eine 100-prozentige Steuer auf Energy Drinks eingeführt, gleichzeitig sinkt die Bevölkerungszahl, weil zum Beispiel Pakistani ausgewiesen werden. Keine gute Entwicklung für Konsumgüter. Der Markt für Energy Drinks ist um 50 Prozent eingebrochen.
Wo sind Wachstumsmärkte?
Walter Scherb jun.: Wir exportieren bis Neuseeland und in die USA, aber der Fokus liegt auf einem Umkreis von 500 Kilometern von Attnang-Puchheim. Das hat schlicht mit den Transportkosten zu tun.
Spitz hat 2013 Blaschke/Auer übernommen und heuer die Produktion von Spillern (NÖ) nach Attnang-Puchheim verlegt. Was passiert mit Spillern?
Senior: Die Maschinen in Spillern waren veraltet, in den Maschinenpark in Attnang-Puchheim hatten wir dagegen knapp zehn Millionen investiert. Zwei Standorte haben keinen Sinn gemacht – Spillern verkaufen wir.
Frage an Scherb Junior: Sie sind seit drei Jahren im Unternehmen, seit einem halben Jahr Geschäftsführer der Getränkesparte. War das vorgezeichnet?
Junior: Ich hatte nie Druck, zu übernehmen. Ich habe in London studiert und dort bei McKinsey gearbeitet. Irgendwann hat sich die Frage gestellt, ob ich dort Partner werde oder in den Familienbetrieb gehe. Das Unternehmer-Gen steckt sicher in mir.
Senior: Es war keine Selbstverständlichkeit, dass er von London zurück nach Linz gekommen ist.
Was wollen Sie bei der Übergabe an den Sohn besser machen als Ihr eigener Vater damals?
Senior: Mein Vater hat es gut gemacht. Das Problem bei Familienunternehmen ist doch, dass man in jeder Generation zumindest einen braucht, der die Fähigkeit und den Willen zur Übernahme hat. Wenn es den Idealkandidaten nicht gibt, werden Kompromisse gemacht. Kompromisse sind aber immer schlecht.
Spitz hat 2016 sein 160-Jahr-Jubiläum gefeiert. Es gab immer einen idealen Nachfolger?
Senior: Meine Familie hat Spitz 1955 übernommen. Schon mein Vater hat immer auch externe Manager im operativen Geschäft gehabt. Ich halte das für wichtig. Genauso wichtig ist es, dass strategische Entscheidungen in Familienhand bleiben. Das ist bei uns seit 1955 so.
Sie sind im Aufsichtsrat und nicht im operativen Geschäft ...
Senior: Das ist auch gut so. Unser Geschäftsführer, Herr Mayer, hat meinen Sohn in den vergangenen drei Jahren ans Unternehmen herangeführt. Er kann also lernen, ohne die Ungeduld seines Vaters im Nacken zu haben.
Ist das wichtig?
Junior: Ja, in strategischen Fragen sind mein Vater und ich uns einig. Im operativen Geschäft ist es gut, einen externen Mentor ohne Konkurrenzdenken zu haben.
Ihre Schwester ist nicht im Unternehmen?
Junior: Nein, sie hat sich für eine medizinische Ausbildung entschlossen.
Spitz hat 2007 Gasteiner Mineralwasser übernommen. Stehen weitere Übernahmen an?
Junior: Wenn sich Chancen ergeben, wir treiben das Thema aber nicht aktiv voran.
Von der Mineralwasserquelle haben Sie doch auch einen schönen Blick auf die Belle-Epoche-Häuser von Bad Gastein. Wäre das nichts für den Immobilien-Investor Scherb?
Senior: Bad Gastein ist wie Disneyland, nur echt. Zudem hat es eine gute Verkehrsanbindung und gute Liftanlagen. Wir hatten Interesse an den Liegenschaften Straubinger, Postgebäude und Badeschloss, wurden aber überboten. Man kommt nicht immer zum Zug.
Wollen Sie Hotelier in Bad Gastein werden?
Senior: Ich habe zwar ein Hotel in Linz, aber das ist nicht mein Kerngeschäft. Ich würde es auch nicht selbst betreiben wollen. Ich würde eher Wohnungen machen.
In Wien haben Sie mit einem Partner das Arsenal gekauft, ein Areal mit 72.000 Quadratmetern. Ein gutes Investment?
Senior: Bis jetzt eine einzige Sparkasse. Wir haben 2004 gekauft und noch keinen Cent aus dem Investment gezogen. Die Investitionen sind enorm, vom Kanal über die Elektrizität bis hin zu Dachausbauten.
Eine Fehlinvestition?
Senior: Nein, gar nicht. Man darf die Wertsteigerung seit 2004 nicht vergessen.
Wie viele Wohnungen haben Sie auf den Arsenal-Gründen?
Senior: 700 bis 800.
Was passiert damit?
Senior: Sie bleiben Mietwohnungen. Als Familienunternehmen sind wir an langfristigen Investments interessiert. Wien entwickelt sich gut, wir behalten die Wohnungen, wir brauchen zum Glück kein schnelles Geld.
Ist das mit dem Sohn abgestimmt?
Senior: Er ist bei wichtigen Meetings dabei, sein Fokus ist aber auf der Firma Spitz.
Junior: Wir haben eine gute Aufgabenteilung, keine großen Überlappungen. Natürlich reden wir am Wochenende beim Essen über das Geschäft, aber auf eine unbeschwerte Art.
Sie werden immer als einer der Geldgeber hinter dem Wiener Immobilieninvestor Rene Benko gehandelt. Wie viel haben Sie in seine Projekte investiert?
Senior: Nichts. Wir haben noch nie ein Geschäft gemacht. Schade eigentlich, ich halte ihn für einen geschickten Geschäftsmann.
Es heißt, Sie wollen nach Argentinien expandieren. Warum Argentinien?
Senior: Südamerika ist schon jetzt für Power Horse ein interessanter Markt. Ich wollte in Argentinien einen Country Club, also ein Ressort mit Golfplatz und so weiter entwickeln. Aber bei der derzeitigen wirtschaftlichen Lage ist das aktuell kein Thema. Vor 20 Jahren war das Verhältnis Dollar zum Argentinischer Peso 1:1. Jetzt sind wir bei 1:40.
Sie sind oft in Argentinien?
Senior: Ich habe 100 Hektar und Pferde in Argentinien. Ich kann dort genauso gut arbeiten wie hier – das Internet funktioniert und über Facetime bin ich mit den Büros verbunden. Ich fahre auch nach Chile und Costa Rica.
Beruflich?
Senior: In Costa Rica habe ich mit einem Partner eine 3000 Hektar große Teak-Holz-Plantage, also ein nachhaltiges Investment – das Holz wächst ja sehr schnell nach.
Und in Chile?
Senior: Bin ich an einer Private Equity Firma beteiligt, die in vorgelagerte Industrien investiert. Zum Beispiel in schwimmende Fischfabriken, also Schiffe, auf denen der Fischfang gleich fixfertig verarbeitet und tiefgefroren wird. Diese vorgelagerten Industrien sind interessant, weil sie wenigen Schwankungen unterworfen sind. Ich bin auch in eine Firma investiert, die sich um die nachhaltige Entsorgung jener Giftstoffe kümmert, die im Minenbau eingesetzt werden.
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Von Schnaps bis Schnitten: Die Firma Spitz
Spitz mit Sitz in Attnang-Puchheim (OÖ) zählt mit 700 Mitarbeitern und 256 Mio. Euro Umsatz zu den größten Lebensmittelproduzenten Österreichs und ist seit mehr als 160 Jahren im Markenartikel-, Private Label- und Co-Packing-Geschäft tätig. Produziert werden unter anderem alkoholfreie Getränke (allein bis zu 1,3 Mio. Getränkedosen diverser Marken laufen täglich vom Band) wie Hochprozentiges, Ketchup, Mayonnaise, Marmeladen, Kuchen, Schnitten oder Toastbrot. Spitz hat auch die Mineralwassermarke Gasteiner und den Süßwarenhersteller Auer/Blaschke gekauft.
Familie
1955 hat die Familie Scherb den Betrieb übernommen. Walter Scherb sen. (*1965) ist aktuell im Aufsichtsrat, sein Sohn (*1989) wird die Firma übernehmen.