„Der Kunde ist bereit, für autonomes Fahren mehr zu zahlen“
Elektro- oder Wasserstoffantrieb, Hybrid oder der klassische Verbrenner? Die Frage nach der Antriebskraft der Zukunft ist für den Halbleiterhersteller Infineon eine entscheidende. Der Geschäftsbereich Automotive ist der mit Abstand größte, Infineon-Chips werden in der Motor- und Getriebesteuerung, Komfortelektronik und in Sicherheitssystemen eingesetzt.
Für Infineon-Vorstandsvorsitzenden Reinhard Ploss ist der Siegeszug des E-Autos alles andere als gewiss. Während Käufer großer und teurer E-Autos weniger auf den Preis schauen würden, verhalte sich das im günstigeren Bereich anders, und das würde das E-Auto bremsen. „Die Kosten eines E-Autos sind besonders im unteren Performance-Bereich höher als die eines Verbrennungsautos“, sagt Ploss.
Kleinere Verbrenner hätten bereits einen vernünftigen -Fußabdruck, in diesem Bereich sei der Druck, auf andere Antriebsarten umzusteigen, noch nicht groß. Der Batteriebetrieb funktioniere zwar, bei Wasserstoff sei man aber noch weit entfernt von einer breiten Umsetzung. Ein Hauptproblem sei die Bereitstellung der Infrastruktur und des Wasserstoffs. „Es ist wenig -effizient, aus fossiler Energie Wasserstoff zu erzeugen“, sagt Ploss. Bei der Produktion müsse man viel Energie einsetzen , da sei es vernünftiger, gleich fossile Brennstoffe als Treibstoff zu verbrennen.
Alternative Antriebe hätten im innerstädtischen Nahverkehr ihre Berechtigung, meint Ploss. Dafür bräuchte man nur wenige Wasserstofftankstellen. Die Politik könnte eine Wasserstoff-Industrie initiieren, indem die Behörden einfach entscheiden, Wasserstoff-Busse anzuschaffen. Für die ländliche Mobilität würden sich immer noch Verbrenner am besten eignen. Längere Wege und die Schwierigkeit, ein E-Tankstellennetz aufzuziehen, sprechen für die herkömmliche Technologie.
Konsument entscheidet
Eine Chance für umweltfreundlichere Antriebe sieht Ploss bei Firmenwagen, da Unternehmen eher auf Umweltstandards schauen. „Letzten Endes entscheidet aber überall der Konsument, und die ihm zur Verfügung stehende Palette ist groß“, sagt Ploss. Mittel- bis langfristig werde es einen Mix aus Verbrennern und alternativen Antrieben geben.
Einen ersten größeren Umbruch sehe man durch assistiertes und autonomes Fahren. „Die Kunden sind bereit, dafür mehr zu zahlen“, sagt Ploss. Abstandhalter und Spurwechselsysteme werden sich ausbreiten, zuerst auf den Autobahnen, glaubt Ploss. Ähnliches beobachtet er bei Haushaltsgeräten, wie Waschmaschinen und Klimageräten. Auch in diese fließe immer mehr High-Tech ein, wodurch sie sich immer besser steuern ließen und der Wirkungsgrad gesteigert werden könne. Auch Rasenmäher, Staubsauger und Akkuschrauber gebe es mehr und mehr ohne Kabel.
Ploss spricht von einem Riesenboom. Mittelfristig würden Roboter, Roboterassistenten und kollaborative Robotik zum Einsatz kommen, sei es in der Arbeitswelt oder Altenpflege.
Bei all den Aktivitäten, die Infineon in diesen Bereichen tätigt, spielt der Standort Österreich als einer der wichtigsten Forschungs- und Entwicklungsstandorte eine entscheidende Rolle. In Villach werden 4.201 Mitarbeiter aus 60 Nationen beschäftigt, davon über 1.800 in Forschung und Entwicklung. Die Österreich-Tochter erzielte im Geschäftsjahr 2018 einen Umsatz von 2,9 Milliarden Euro. Laut Ploss soll in Österreich die nächste Generation der Fertigungstechnologie entstehen. Man gehe dazu über, dem Standort immer hochwertigere Aufgaben zu übertragen. So werden in Österreich unter anderem Fahrerassistenzsysteme und Radar für Abstandhalter entwickelt. Durch die 1,6-Milliarden-Investition in ein neues Chipwerk ist der Standort langfristig abgesichert.
Der KURIER war auf Einladung von Infineon in Singapur.