Wirtschaft

"Der Kunde informiert sich online, kauft aber in der Filiale"

KURIER: Von den Turbulenzen in China ist die Oberbank nicht direkt betroffen, aber Ihre Kundschaft vielleicht schon. Hören Sie erste Sorgen und Bedenken?

Franz Gasselsberger: Die China-Euphorie ist sicher nicht mehr so da, wie sie einmal da war. Von China-Skepsis zu reden ist aber überzogen. China hat zwei Gesichter. Da gibt es den Boom in Regionen wie Schanghai. Und dann sind da die Randbereiche, wo es Anzeichen gibt, dass die Planwirtschaft klar versagt hat. China wird aber weiter eine starke Rolle spielen. Von wirklichen Rückgängen habe ich bei meinen Kunden noch nichts gehört.

Finden Sie, dass sich die heimischen Unternehmen zu sehr nach China orientiert haben?

Nein, die Unternehmen sind zu stark Europa-lastig. Man muss sich breiter aufstellen. Läuft es in einer Region nicht gut, dann in einer anderen. China ist neben Indien immer noch eines der Schwellenländer, die gut laufen.

Das heimische Wirtschaftswachstum ist winzig. Merken Sie, dass die Kreditausfälle zunehmen?

Im Gegenteil, das Kreditrisiko ist extrem niedrig. Wir konnten im ersten Halbjahr die Vorsorgen um 28 Prozent reduzieren. Und dieser Trend geht weiter.

Bei schwacher Konjunktur ist die Nachfrage nach Krediten meist schwach. Bei Ihnen auch?

Wir hatten zuletzt ein Kreditwachstum von gut fünf Prozent. Das hat zum einen mit unserer regionalen Streuung zu tun. Der deutsche Markt entwickelt sich stärker, auch der tschechische. Auch unsere Präsenz in Wien hilft. Zum anderen hat das damit zu tun, dass wir extrem stark sind in der geförderten Exportfinanzierung und im geförderten Wohnbau.

Wie wäre Ihr Kreditgeschäft ohne Bayern und Tschechien?

Da würde uns ein Hauseck fehlen.

Zur Präsenz in Wien: Wie viele Filialen haben Sie hier schon?

21 und bis zum ersten Quartal 2016 sind weitere fünf geplant. Mittelfristig sollen es 30 werden.

Bedeutet das nicht auch gehörige Kosten?

Wir haben kein Kostenproblem, weil wir auch kein überdimensioniertes Filialnetz haben. Alles an Kosten, die wir nicht unbedingt für die Kunden brauchen, haben wir redimensioniert. So verdienen wir auch im Privatkundengeschäft.

Andere Banken sperren Filialen zu, Sie sperren auf. Haben Sie eine andere Kundenstruktur?

Natürlich stellen wir uns auch den Herausforderungen des digitalen Zeitalters. Tatsache ist, und das gilt auch für die "silver ager": Der Kunde informiert sich online, kauft aber offline, also in der Filiale. Da brauchst du ein attraktives Online-Angebot. Bei Vorsorge oder Wohnbaufinanzierungen wird der Kunde in die Filiale kommen. Der wichtigste Differenzierungsfaktor ist der Faktor Mensch, also der Mitarbeiter, der Berater.

Banken haben noch immer ein schlechtes Image. Warum sind Ihre Aktien dann derart gefragt?

Auf dem Höhepunkt der Krise wurden alle Banken in einen Topf geworfen. Jetzt ist das anders, es wird differenziert. Da gibt es Banken mit Problemen in Osteuropa. Und gesunde Regionalbanken mit einem risikoscheuen Geschäftsmodell. Man muss sich fragen, ob etwas fehlen würde, gäbe es die Oberbank nicht mehr. Die Antwort ist ja, es würde etwas fehlen – die Kundennähe, das nachhaltige Wirtschaften, die Unabhängigkeit.

Als die Bankenabgabe erhöht wurde, gab es viel Kritik. Mancher Banker droht mit Abwanderung ins Ausland. Sie bleiben?

Übersiedeln stand bei uns nie zur Diskussion. Wir bauen gerade die Zentrale in Linz aus, wo wir 1000 Mitarbeiter zusammenziehen. Das ist eine Investition von 65 Millionen Euro. Die Eröffnung ist für das erste oder zweite Quartal 2017 geplant.

Ein anderes Fest wird noch davor fällig. Nächstes Jahr feiern Sie 30-jähriges Börsenjubiläum.

Für uns ist die Börse ein Glücksfall gewesen. So haben wir einen guten Zugang zum Kapitalmarkt. Man muss sich erhöhten Sorgfaltspflichten unterziehen und steht vierteljährlich auf dem Prüfstand. Das ist gut für die Fitness.

Die Mitarbeiter profitieren von dieser Fitness?

Wenn Sie mich fragen, warum es der Oberbank gut geht – das Wichtigste sind die Mitarbeiter. Wir haben im Bankbereich eine der ältesten Mitarbeiter-Beteiligungen. Sie läuft seit 21 Jahren. Ich begrüße ausdrücklich die Verbesserungen bei der Mitarbeiterbeteiligung durch die Steuerreform. Die Mitarbeiter sind treue Aktionäre, unsere Pensionisten sind schon die fünftgrößte Aktionärsgruppe. Die durchschnittliche Rendite liegt bei zehn Prozent pro Jahr. Es geht aber vor allem um die Identifizierung mit dem Unternehmen. Von der profitieren alle.

Sie hatten jetzt fünf Rekordjahre in Folge. Wird heuer das sechste?

Wenn wir das gute Vorjahresergebnis erreichen, bin ich zufrieden. Jetzt können Sie natürlich sagen, dass das nach dem ersten Halbjahr, in dem wir den Nettogewinn um 13,7 Prozent gesteigert haben, stark untertrieben ist. Aber nach dem "Sommersturm China" muss einem klar sein: Wir leben in unruhigen Märkten, auch politisch. Wenn Konflikte eskalieren, können wirtschaftliche Organismen beeinträchtigt werden.

Kapitalerhöhung um bis zu 4,6 Mio. Euro

Die börsenotierte Linzer Oberbank erhöht ihr Kapital um bis zu 4,6 Mio. Euro auf bis zu 96,7 Mio. Euro. Dazu werden bis zu 1,5 Mio. neue Aktien ausgegeben. Bisher hatte die börsennotierte Bank ein Ziel von 95,8 Mio. Euro angekündigt. Die Resonanz auf die Ankündigung sei aber so gut gewesen, dass das Volumen der jungen Aktien ausgedehnt wurde, teilte die Bank gestern, Dienstag, mit. Der Bezugspreis beträgt 48,03 Euro je junger Aktie. Die Bezugsfrist beginnt voraussichtlich am 14. September und endet 14 Tage später.

Karriere

Der gebürtige Oberösterreicher Franz Gasselsberger startete nach dem Jus-Studium seine Karriere 1983 bei der Oberbank. 1996 wurde er in den Vorstand der Bank, 2002 zum Vorstandssprecher bestellt. Der 56-Jährige ist Vater von drei Töchtern. Seine Hobbys: Laufen und Berggipfel erobern.