Das Land der Superlative
Von Romana Klär
Größer, schneller, stark und stolz - das Bild, das China der Welt vermitteln will, kommt an. Allein schon die immer ins Treffen geführte Zahl von 1,3 Milliarden Einwohnern soll dem Westen verdeutlichen: Ihr habt es mit einer potenten Macht zu tun. Während Politiker in der EU und den USA mit den Folgen hoher Verschuldung kämpfen und die Bürger dort spüren, dass ihr Wohlstand gefährdet ist, bleibt die Zuversicht unter chinesischen Bürgern ungebrochen.
"Ich will meine Arbeit nicht nur gut, ich will sie besser machen", lautet die oft gehörte Devise.
Dank billiger Arbeitskräfte ist China bereits amtierender Exportweltmeister . Den Rivalen Japan hat es als zweitgrößte Volkswirtschaft überrundet. Als Investor in Afrika und Lateinamerika (auch bei Diktatoren) beliebt, kauft sich die Volksrepublik in der Landwirtschaft und bei Bodenschätzen ein.
Wer wie China mehr als 3200 Milliarden Dollar an Währungsreserven hält, braucht neue Anlageformen - etwa in Europa - und kann es sich leisten, Amerika, das mit einer Billion Dollar bei China in der Kreide steht, für "Schuldensucht" zu rüffeln. Amerika trete in eine Phase des Niedergangs ein, mahnte jüngst der Ökonom Xia Bin, der Chinas Führung berät. Die stellt die Rolle des Dollars als Leitwährung infrage und bringt den Yuan als Alternative ins Spiel. Derzeit unrealistisch, sagen Ökonomen.
Selbstbewusstes Auftreten in der Welt ist das eine. Kraft zeigen will man aber auch daheim. Ganze Landstriche gleichen einer Baustelle - als Folge eines umfangreichen Konjunkturprogramms, und weil man die Urbanisierung vorantreiben will. Bewohner ärmerer Regionen zieht es millionenfach in die Städte.
Zu Beginn des traditionellen Frühlingsfestes gibt es stets dasselbe Problem: Wie schaffen es diese Massen zur gleichen Zeit für einige Tage in die Provinz zurück? Das Spektakel an
den Bahnhöfen und auf Flugplätzen geht meist völlig friedlich vor sich. Unter den Reisenden sind auch viele Studenten. Neun Millionen haben im Juni die Aufnahmeprüfung für eine Uni versucht. Sie wollen Ärzte, Lehrer, Ökonomen, Juristen werden, oder Städteplaner, die am Aufbau des Landes gut verdienen.
Im Perlflussdelta sollen die neun größten Städte zu einer Mega-Metropole mit 42 Millionen Einwohnern zusammengezogen werden. Die Super-Stadt wäre 26 Mal so groß wie London. 29 Zugstrecken sind dort geplant. Schon heute hat China mit 8300 Kilometern das längste Hochgeschwindigkeitsnetz der Welt. Zwischen Peking und Schanghai wurde die Reisezeit von zehn auf fünf Stunden verkürzt. Auf anderen Strecken ist man vorsichtig. Nach dem schweren Zugunfall in Südchina ist der Ausbau vorerst gebremst.
China setzt auf grüne Technologie, auf Wind- und Solarparks und auf Wasserkraft. Der Drei-Schluchten-Damm ist Sinnbild für Chinas Gigantomanie. Für das 663 Kilometer lange Reservoire des weltgrößten Wasserkraftwerks wurden mehr als eine Million Menschen umgesiedelt.
Eine brummende Wirtschaft macht noch keine Weltmacht aus. Dazu gehört ein modernes Militär . Mit 2,5 Millionen aktiven Soldaten stellt die Volksbefreiungsarmee das größte Heer der Welt. Auch wenn die Führung stets friedliche Absichten betont, rüstet sie gehörig auf. Beispielsweise die Marine, die bald mit modernen Flugzeugträgern ausgestattet werden soll. Ein Grund: Die Wahrung "nationaler Interessen", also der Zugang zu Rohstoffen im Pazifik. Die man für den Aufschwung dringend benötigt.
Lesen Sie in Teil 3:
Das Reich der tausend Möglichkeiten
Große Ideen zügig umsetzen
Wer die meisten Menschen hat, hat auch die Macht, verkündete einst Mao Zedong. Bis heute hängt das Bewusstsein für die eigene Stärke in China eng mit dem Wissen um seine Größe zusammen.
Das US-Magazin Forbes hat Hu Jintao - Präsident von einem Fünftel der Weltbevölkerung, KP-Chef und Oberbefehlshaber der Volksbefreiungsarmee - zum mächtigsten Mann der Welt gekürt. Doch er weiß: Die im Wahnsinnstempo umgesetzten (wirtschaftlichen) Reformen sind kein Garant für weiteren Erfolg. Es braucht neue Visionen und Ideen. Der zweite große Schub nach vorne soll auf Qualität statt Quantität gründen.
In der Bildung etwa, bei den Jobs. Die Partei will rasch handeln. Umfassende Beratungen und demokratische Beschlüsse braucht es in China noch immer nicht. "Wir sind zu viele. Wir sind dafür zu groß", so ein gängiges Argument.
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