Corona: Warum Luftfahrt-Zulieferer FACC weiter produzieren muss
Von Andrea Hodoschek
Der oberösterreichische Luftfahrt-Zulieferer FACC bekommt die schwere Krise der Airline-Industrie unmittelbar zu spüren. Das Unternehmen mit Headquarter in Ried im Innkreis wird am 6. April für alle rund 3000 inländischen Mitarbeiter Kurzarbeit für die Dauer von mindestens drei Monaten beantragen.
Um die Liquidität in Zeiten wie diesen weiter zu stärken, wird für 2019 keine Dividende ausgeschüttet.
„Wir versuchen, die Balance finden zwischen dem Schutz unserer Mitarbeiter und deren Familien und der wirtschaftlichen Stabilität des Unternehmens. Und gleichzeitig das Unternehmen auf die Zeit nach der Corona-Krise auszurichten“, erklärt FACC-General Robert Machtlinger.
Anfang vergangener Woche musste Machtlinger der Belegschaft erklären, „warum wir weiter arbeiten müssen. Obwohl wir nicht zur Lebensmittelbranche oder dem Gesundheitssystem gehören. Das war nicht ganz einfach“. Bei der Präsentation der Bilanz 2019 am Mittwoch bedankte sich Machtlinger bei der Mannschaft ausdrücklich für die „enorme Solidarität und das Verständnis“.
Systemkritischer Produzent
FACC beliefert alle maßgeblichen Flugzeug- und Triebwerkshersteller und ist damit ein sogenannter systemkritischer Produzent. Derzeit könnte kein anderer Hersteller die von FACC produzierten Komponenten herstellen oder wäre dafür zertifiziert.
Könnte FACC nicht mehr liefern, „würde kein einziges Flugzeug weltweit mehr fertig gebaut. Eine ganze Industrie würde stillgelegt“, erklärt Machtlinger. Die Versorgung der FACC durch die eigenen Zulieferer für Rohmaterialien und Komponenten funktioniere nach wie vor termingerecht.
Keine Prognosen
Die Lage der internationalen Luftfahrt sei derzeit derartig unsicher und ändere sich praktisch täglich oder sogar stündlich, „sodass wir derzeit keine Prognosen stellen“. Eine Einschätzung wäre frühestens zur Jahresmitte 2020 möglich. Ebenso sei es heute zu früh für seriöse Aussagen über die das künftige Reiseverhalten Menschen.
Feststellbar sei aber, dass der Markt für Langstrecken-Flugzeuge und Geschäftsflieger durch die geringe Nachfrage stärker betroffen ist als für Kurzstrecken-Maschinen.
Kurzarbeit
Warum Kurzarbeit für alle Mitarbeiter?
„Eine vorsorgliche Maßnahme. Boeing und Airbus könnten möglicherweise ihre Fertigung zu verschiedenen Zeitpunkten herunter fahren“, sagt Machtlinger. Erstmals seit seinem 30-jährigen Bestehen müsse das Unternehmen eine derart drastische Maßnahme ergreifen.
Zusätzlich beantragte FACC aus dem Zwei-Milliarden-Euro-Paket der Kontrollbank für Exportunternehmen eine Kreditgarantie über 60 Millionen Euro.
Das bereits gestartete Kostensparprogramm wird „entschieden“ weitergeführt. Offen ist derzeit, ob das geplante Werk in Kroatien später errichtet oder kleiner dimensioniert wird.
Betrugsgeld loseisen
Machtlinger will „jetzt erst recht“ alles tun, um die 10,8 Millionen Euro zurück zu bekommen, die derzeit auf Konten der Republik liegen und eingefroren wurde. Die Summe stammt aus einem Geschäftsführer-Trickbetrug gegen das Unternehmen, wurde 2016 in China sichergestellt und im Vorjahr nach Österreich überwiesen. Wenn nicht anders möglich, werde man rechtliche Schritte ergreifen, meint Machtlinger.
Unterstützung aus China
In der Krise kann FACC von den Corona-Erfahrungen des chinesischen Mehrheitsaktionärs AVIC Cabin Systems profitieren. So wurde unternehmensintern schon vor sechs Wochen mit Maßnahmen begonnen, die man von AVIC adaptiert habe, berichtet Machtlinger. Auch das Aussetzen der Dividende sei auf„höchstes Verständnis“ der chinesischen Mehrheitseigentümer gestoßen.
Ergebnisse 2019
Im Rumpfgeschäftsjahr 2019 wurden die Umsatz- und Ergebnisziele erfüllt. Das Ebit liegt bei knapp 35 Millionen Euro, der Umsatz bei 665 Millionen. Die Neuaufträge belaufen sich auf 800 Millionen Euro, die Auftragsrücklage steht bei 6,5 Milliarden Dollar.
CEO-Vertrag verlängert bis 2025
Der Aufsichtsrat verlängerte am Mittwoch den Vorstandsvertrag von Machtlinger bis zum 30. Juni 2025. Der Top-Manager war nach dem aufsehenerregenden Betrugsfall 2016 an Bord gekommen und hatte das Unternehmen restrukturiert.