Wirtschaft

Chinesen meiden Billig-Jobs

Chinesische Textilarbeiterinnen: Zusammengepfercht in miesen Unterkünften, zehn Stunden und mehr pro Tag an der Nähmaschine in den Fabriken, wo die Kleidung für die westliche Welt produziert wird – und das zu Mini-Löhnen. Um solche Billig-Jobs macht Chinas Jugend zunehmend einen großen Bogen.

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"Die jungen Chinesen werden anspruchsvoller", ist Christina Chung überzeugt. Die Hongkong-Chinesin, die für den deutschen Allianz-Konzern chinesische Aktien analysiert, besucht regelmäßig Fabriken in China. "Junge Mädchen, die vom Land in die Stadt kommen, um zu arbeiten, fragen heute zuallererst, wie ihr Zimmer aussehe, ob es klimatisiert sei. Wenn nicht, stellen sie nicht einmal ihre Koffer ab und gehen wieder", erzählt Chung. Viele dieser schlecht bezahlten Jobs würden nach Bangladesch oder Vietnam abwandern.

China wandle sich enorm und das in rasantem Tempo. Der Westen schaue nur auf die sinkenden Wachstumsraten der Wirtschaft des Landes. "Vergessen Sie das Wachstum. Schauen Sie auf den Wandel und die Reformen", appelliert Chung an die potenziellen ausländischen Investoren. Die Reformen – vom Finanzsektor bis zum Sozialsystem – würden vom Ausland unterschätzt. Chung ist überzeugt, dass der Wohlstand, der bisher auf die großen Städte beschränkt sei, sich allmählich auf die vielen kleineren Städte ausbreite. Treibender Faktor sei der Dienstleistungssektor, auf den bereits 52 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes entfallen.

Online-Konsumenten

Zweiter Treiber der chinesischen Wirtschaft werde der Inlandskonsum, betont Yuming Pan, Manager für Asiatische Märkte beim Allianz-Konzern. Der 50-jährige Pan erinnert sich, als er mit 18 Jahren in die Stadt zog, sah er zum ersten Mal in seinem Leben Klopapier. "Damals kaufte man in China nur das Lebensnotwendige."

Heute könnten sich schon viele jungen Menschen in den Großstädten leisten, einzukaufen, worauf sie Lust hätten und nicht nur das, was sie bräuchten. In den besseren Zonen der Städte nähere sich das durchschnittliche Jahreseinkommen 20.600 Dollar im Jahr.

Gekauft werde fast ausschließlich online. Chinas Stadt-Jugend sei außerordentlich Internet-affin und liebe neue Technologien. Das erlaube neuen, innovativen Smartphone-Herstellern wie Xiaomi rasantes Wachstum. "Xiaomi macht keine Werbung im herkömmlichen Sinn. Bekannt wurde das Unternehmen nur über Social Media", erklärt Pan. Damit und mit niedrigeren Preisen und hoher Innovationskraft habe Xiaomi binnen kürzester Zeit Südkoreas Samsung verdrängt. Samsung verliere in China Marktanteile in zweistelliger Prozent-Höhe.

An spannenden Investment-Möglichkeiten mangle es ausländischen Anlegern in China also nicht, sagt Pan. Doch eines müssten sie beachten: Nur solange die politische Führung unter Präsident Xi Jinping stabil und konstant bleibe, sei auch gewährleistet, dass die Wirtschaft in sicheren Wassern steuere.