Chinas schwieriger Weg
Von Christine Klafl
Auf Sicht von einem Jahr liegt das Kursniveau an der Börse von Schanghai zwar immer noch 34 Prozent im Plus. Es war aber schon deutlich mehr: Vom Hoch im späten Frühjahr ging es nämlich rasant nach unten – um 39 Prozent. Dafür, dass der Absturz nicht noch viel herber ausfiel, war die Politik in China verantwortlich. Für die von ihr verordneten Stützungskäufe "wurden mittlerweile 200 Milliarden Dollar ausgegeben", sagt Stefan Scheurer, Kapitalmarktexperte bei Allianz Global Investors. Die Politik wollte mit allen Mitteln verhindern, dass die 80 Millionen Chinesen, die in Schanghaier Aktien investiert haben, aufbegehren.
China sei zwar auf dem Weg zu einer Service-Gesellschaft mit mehr Inlandskonsum. Die nötigen Strukturreformen dauern allerdings. "Eine vom Export getriebene Wirtschaft muss es daher vorerst bleiben", stellt Scheurer fest. Da kann eine günstigere Währung durchaus helfen.
Abwertung
Derzeit darf Chinas Währung Renminbi um bis zu zwei Prozent um den Vortageskurs schwanken. Scheurer geht davon aus, dass China diese Schwankungsbreite auf drei oder vier Prozent ausweiten wird – womit eine deutlichere Abwertung möglich wird. "China wird das so verkaufen, dass der Internationale Währungsfonds ja will, dass die Währung flexibler gestaltet wird." Aber natürlich helfe das auch den Exporten. Scheurers Prognose für das Jahresende: Ein Dollar werde dann für 6,50 Renminbi gehandelt (derzeit rund 6,37). Ein breiteres Band für den Renminbi hat aber auch andere Konsequenzen. So werden die Währungen anderer Wachstumsmärkte (Emerging Markets) ebenfalls unter Druck kommen. "Vorsicht bei Emerging-Markets-Aktien und Vorsicht bei Anleihen in Lokalwährungen aus diesen Ländern", empfiehlt der Kapitalmarktexperte. In den vergangenen zwölf Monaten seien bereits 300 Milliarden Dollar an Investorengeld aus Emerging Markets abgezogen worden.
Den chinesischen Börsen sagt er, trotz der Stützungskäufe, weitere Verluste voraus. "Es kann noch 20 Prozent nach unten gehen, bis vielleicht ein faires Niveau erreicht ist." In Schanghai sind noch immer 460 Unternehmen vom Handel ausgesetzt. Ein Drittel davon habe ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV; eine Messzahl, ob Aktien billig oder teuer sind) von 70 und mehr – ein astronomisch hoher Wert. Die anderen zwei Drittel hätten gar kein KGV, weil sie Verluste schreiben.
Heißer Herbst
Auf die Börsen im Westen sieht Scheurer einen heißen Herbst zukommen. Wegen der nicht berauschenden Konjunktur ist er "nicht optimistisch", was die Entwicklung der Unternehmensgewinne betrifft.
Für die Anleger hat er dennoch eine Frohbotschaft: Institutionelle Investoren in Europa hätten mittlerweile eine Billion Dollar auf der hohen Kante, in den USA seien es sogar 1,7 Billionen. Dieses Geld sucht nach Veranlagungschancen – etwa bei Aktien mit guten Dividenden. Trotz Problemen etwa in China werden die europäischen Börsen das Jahr daher "leicht positiv abschließen".
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