Chefinnenwechsel bei Infineon
Von Anita Staudacher
Geordnete Übergaben im Vorstand sind selten geworden. Noch seltener ist es, dass Vorstandschefs ihren eigenen Nachfolger suchen, einstellen und zwei Jahre lang höchstpersönlich einschulen. Geradezu einzigartig ist es, wenn der Chef eine Chefin und der Nachfolger eine Nachfolgerin ist, die an die Spitze eines der führenden Technologieunternehmen Österreichs folgt.
Sabine Herlitschka (47), seit zwei Jahren im Vorstand von Infineon Österreich, löst Ende März 2014 Monika Kircher (56) ab. Überraschend zwar, aber nicht ungeplant. „Den Entschluss dazu habe ich schon vor längerer Zeit getroffen, jetzt habe ich den optimalen Zeitpunkt dafür gewählt“, sagte Kircher nach der Aufsichtsratssitzung am Montag. Sie möchte „mehr Platz für das Privatleben“ schaffen. 13 Jahre lang war Kircher im Vorstand des Hightech-Konzerns und prägte die Wandlung vom reinen Produktionsbetrieb zur „Innovationsfabrik“ mit Schwerpunkt auf Forschung & Entwicklung maßgeblich mit. Jetzt will sie sich „in die zweite Reihe zurückziehen“ und Infineon in beratender Funktion und als Coach für junge Führungskräfte zur Verfügung stehen.
Spekulationen über andere als die von ihr vorgebrachten Rückzugs-Motive will sie gleich im Keim ersticken: „Ich bin zum Glück kerngesund, ich gehe nicht in Pension, ich gehe nicht zu einem Mitbewerber und ich gehe auch nicht in die Politik.“ Die ehemalige SPÖ-Vizebürgermeisterin von Villach galt wegen ihres Engagements etwa im Bereich Bildung zuletzt als Kandidatin für ein SPÖ-geführtes Wissenschafts- oder Technologieministerium.
Nein zur Politik
Herlitschka zeigte in einer ersten Stellungnahme „große Begeisterung für, aber auch großen Respekt vor der neuen Aufgabe“ als Vorstandschefin. Sie appellierte sogleich an die Politik, die Rahmenbedingungen für Forschung & Entwicklung sowie Bildung zu stärken. „Wir brauchen einen guten Hafen für unseren Standort und da gibt es einiges zu tun.“
Marktschwäche
Einiges zu tun hat Herlitschka auch im eigenen Unternehmen. Infineon Österreich litt im abgelaufenen Geschäftsjahr (per Ende September) unter der allgemeinen Marktschwäche im Halbleiter-Geschäft, konnte sich aber im vierten Quartal wieder etwas erfangen. Der Jahresumsatz ging um zwei Prozent auf 1,182 Mrd. Euro zurück, das operative Ergebnis schrumpfte wegen der im ersten Halbjahr schwachen Auslastung um 18 Prozent auf 88,7 Mio. Euro. Während der deutsche Halbleiterkonzern die Investitionen in Österreich zurückfuhr, stieg der Aufwand für Forschung & Entwicklung leicht auf 270 Mio. Euro an. Die Mitarbeiter-Zahl erhöhte sich geringfügig auf 3100, wobei jeder dritte in der Forschung tätig ist. Kircher seht den Produktions-Standort Villach „bestens aufgestellt“ und daher für die nächsten Jahre gesichert.
Eine Frau, eine Quereinsteigerin und noch dazu relativ jung: Als Sabine Herlitschka (47) vor zwei Jahren in den Infineon-Vorstand kam, landete sie sprichwörtlich im kalten Wasser. Die Entscheidung von Monika Kircher, ihr gleich die Verantwortung für das Herzstück des Unternehmens, die Forschung & Entwicklung, zu übertragen, sorgte für großes Staunen. Vor allem in der Männerwelt.
Von 2003 bis 2006 war Herlitschka Vizerektorin an der Medizinischen Universität Graz und zugleich Bereichsleiterin der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), wo sie für internationale Programme zuständig war. Ein längerer Uni-Aufenthalt in den USA komplementierte die Internationalität. Herlitschka ist verheiratet, ihr Mann arbeitet in München. In der Freizeit liest sie gerne und betreibt Sport. Für ihre Leidenschaft das Segelfliegen wird ihr als Infineon-Chefin kaum noch Zeit bleiben.