Wirtschaft

Causa Meinl: Staatsanwalt muss Anwalt einvernehmen

Nachdem das Oberlandesgericht Wien die 212 Millionen schwere Untreue-Anklage gegen Julius Meinl, Meinl Bank-Chef Peter Weinzierl und drei weitere Personen der Staatsanwaltschaft Wien zurückgeworfen und die Einsprüche der fünf Angeklagten als berechtigt angesehen hat, heißt es zurück zum Start. „Mit der Zurückweisung der Anklage sind wir wieder im Stadium eines offenen Ermittlungsverfahrens“, sagt Thomas Vecsey von der Staatsanwaltschaft Wien zum KURIER. „Wir werden jene Ermittlungsschritte setzen, die uns vom Oberlandesgericht Wien aufgetragen wurden.“ Nachsatz: „Welche Ermittlungsschritte das sind, können wir aber nicht sagen.“

Die Vorgaben des OLG Wien sind kein Geheimnis. Das Oberlandesgericht Wien gibt der Wiener Anklagebehörde in seinem elf Seiten starken Beschluss genau vor, was der ermittelnde Staatsanwalt noch zu machen hat. Zur Erinnerung: Die Staatsanwaltschaft Wien legt den fünf Verdächtigen Untreue zur Last. Sie hätten als Vorstände und Mitglieder des Aufsichtsrats der Meinl Bank AG Anfang 2009 nach der Beendigung der Geschäftsbeziehung zur „Meinl European Land Ltd.“ nur Rückstellungen für Prozesskosten in Höhe von zehn Millionen Euro gebildet, obwohl ihnen Haftungsrisken von mindestens 250 Millionen Euro bekannt waren.

Nur dadurch sei bei der Meinl Bank für das Jahr 2008 ein Bilanzgewinn von EUR 225 Millionen Euro in den Büchern darstellbar gewesen, der in Höhe von 211 Millionen Euro Euro an einen 99,99 %-igen Eigentümer der Meinl Bank AG ausgeschüttet worden sei. Im Mittelpunkt der Causa stehen allfällige Forderungen geschädigter Meinl European Land (MEL) Anleger in dreistelliger Millionenhöhe.

Vorsichtsprinzip ist zu beachten

„Nach der Einschätzung des Oberlandesgerichts Wien ist noch nicht ausreichend wahrscheinlich, dass Anfang 2009, als die Bilanz für 2008 fixiert wurde, ein Bedarf für Rückstellungen in der genannten Höhe gegeben war", hieß es in einer Aussendung des OLG Wien. Es geht noch genauer. „Eine Rückstellungsbildung ist dann vorzunehmen, wenn der Unternehmer (hier die Meinl Bank) mit der Inanspruchnahme ernsthaft rechnen muss, wenn mehr Gründe für als gegen eine Inanspruchnahme sprechen“, heißt es im OLG-Beschluss, der dem KURIER vorliegt. „Für Prozesskosten-Rückstellungen ist ein bereits laufendes Verfahren Voraussetzung. Ab Gerichtsanhängigkeit ist eine Rückstellungspflicht jedenfalls gegeben, außer es ergeben sich aufgrund der Behauptungen in der Klage gute Verteidigungschancen oder wegen einer ausreichenden Versicherungsdeckung keine Gefahr des Eintritts eines Schadens.“ Nachsatz: „Zudem sind Rückstellungen mit dem nach vernünftiger unternehmerischer Beurteilung notwendigen Betrag zu passivieren. Das Vorsichtsprinzip ist zu beachten, rechtfertigt aber keine höheren stillen Reserven, als naturgemäß mit einer Schätzung unvermeidlich sind.“

Tatsächlicher Aufwand ist anzunehmen

Es sei daher nicht von der ungünstigsten Variante auszugehen, sondern jener Aufwand rückzustellen, mit dem das Unternehmen voraussichtlich belastet werden wird. Folglich sei laut OLG der in der Anklage jedoch angesetzte Rückstellungsbedarf in Höhe von von zumindest 228 Millionen Euro nicht begründet.

Meinl-Anwalt muss befragt werden

Das Oberlandesgericht Wien trägt der Staatsanwaltschaft Wien auf, Georg Schima, den Rechtsanwalt, der die Meinl Bank AG damals beriet, „im fortgesetzten Ermittlungsverfahren zur Höhe der ihm bekannten Verbindlichkeiten der Meinl Bank Aktiengesellschaft und der von ihm als erforderlich erachteten Rückstellungen betreffend den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2008 zu befragen“.

Neuerliche Anklage im Fokus

„Dabei wird er auch zu dem jeweils geringer eingeschätzten Rückstellungsbedarf zu vernehmen sein. In diesem Zusammenhang mögen auch die von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) angesprochene Rückstellungsnotwendigkeit in Höhe von 69,4 Millionen Euro per Februar 2009 sowie die drohenden Klagen in Höhe von knapp 150 Millionen Euro und das Erfordernis entsprechender Rückstellungen erörtert werden“, heißt es im OLG-Beschluss weiter. „Aber auch die weiteren – zu unterschiedlichen Zeitpunkten in unterschiedlicher Höhe – angesprochenen Rückstellungserfordernisse werden Gegenstand dieser Vernehmung sein müssen.“ Schima habe laut Oberlandesgericht „überdies nun Bereitschaft gezeigt, dazu auszusagen“. Danach kann die Staatsanwaltschaft laut OLG neuerlich über die Erhebung einer Anklage entscheiden.

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Meinl Bank-Chef Peter Weinzierl meint dazu: „Aus unserer Sicht und jener der juristischen Experten gibt es keinen sinnvollen Grund für weitere Ermittlungen im Zusammenhang mit der Anklage. In den Einsprüchen gegen die Anklage wird dies auch ganz deutlich und fundiert begründet.“