Wirtschaft/BusinessOesterreich

Hochprozentiger Chefposten

Wie entwickelt sich der Spirituosenmarkt? Wird wieder mehr getrunken?

Der Markt ist nicht einfach, seit 2011 weist er einen Umsatzrückgang von elf Prozent aus. Kräuterspirituosen haben sich noch ein wenig besser entwickelt – da liegt das Minus bei 5,6 Prozent. Im ersten Halbjahr 2016 gab es zum ersten Mal seit Jahren wieder ein Plus.

Welche Spirituosen werden eigentlich am meisten getrunken?

In Österreich Wodka, gefolgt von Schnäpsen und Kräuterlikören. 2015 haben Schnäpse Kräuterliköre überholt.

Spielt Gin nicht in der Spitzenliga?

Da ist immer von Wachstumsraten von mehr als 100 Prozent die Rede, aber ausgehend von einem niedrigen Niveau. In den meisten Ländern, auch in Österreich, liegt der Marktanteil von Gin weit unter fünf Prozent. Ausnahmen sind vor allem Spanien und Portugal.

Bei Österreichs Jugend ist Wodka angesagter als Kräuterliköre. Soll sich das ändern?

Wir wollen definitiv mit keiner unserer Marken ein Party-Getränk werden. Wir positionieren uns im Genussbereich.

Wie viel Prozent vom Umsatz macht Gurktaler in der Gastronomie?

Ein Fünftel, vor allem in Wanderhütten und uriger Wirtshausgastronomie. Den Fokus haben wir mit 80 Prozent Umsatzanteil aber klar im Handel.

Dort wird viel in Aktion verkauft. Wie stark trifft Sie das?

Der Aktionsanteil der Marke liegt bei über 50 Prozent. Der österreichische Handel ist generell sehr aktionsgetrieben.

Gurktaler spielt im Marketing die Österreich-Karte aus. Sticht diese auch im Ausland? Wie hoch ist die Exportquote?

Wir produzieren 1,8 Millionen Flaschen im Jahr, davon 1,4 Millionen für Österreich. Größter Auslandsmarkt ist Deutschland, gefolgt von der Schweiz. Wir sind aber auch in Touristen-Shops erfolgreich – mit Flaschen mit Filzhut oder rot-weiß-rot karierten Tüchern.

Gurktaler bringt zu seinem 60-Jährigen unter anderem einen klaren Kräuterlikör heraus. Muss sich die Marke breiter aufstellen?

Wir denken, dass der Klare, der besonders mild ist, gerade im Sommer gut ankommen wird. So gesehen ist er auch ein Produkt zum Saisonausgleich – Gurktaler verkauft sich im Winter besser als im Sommer. Wir haben aber auch einen Gurktaler-Tee entwickelt und Gurktaler-Senf. Allerdings gibt es diese bisher nur im Klosterladen in Gurk. Wir müssen erst einen Vertriebspartner für diese Produkte finden – zu Schlumberger passt das ja nicht.

Sie betonen gern, dass die Kräuter alle aus dem Gurktal kommen. Wie viele Bauer aus der Region beliefern Sie denn?

Wir haben den Klostergarten im Gurktal und ein paar Bauern aus der Gegend.

Und das reicht?

Ja, man braucht ja nicht viele Kräuter zum Ansetzen.

Und wo wird Gurktaler abgefüllt?

In Klagenfurt, bei der Firma Stroh.

Nein, ich arbeite in Deutschland, am Sitz von Underberg, weil ich ja auch für den internationalen Vertrieb der Spirituosenmarken zuständig bin. Underberg exportiert in mehr als hundert Länder, es vergeht keine Woche, in der ich nicht im Flugzeug sitze.

Die Gurktaler AG weist einen Umsatz von 800.000 Euro und einen Gewinn von 1,2 Millionen aus. Eine interessante Relation. Wie kommen diese Zahlen zustande?

Die Gurktaler AG macht kein operatives Geschäft, das ist an die Schlumberger verpachtet. Die 800.000 Euro sind also nicht der Umsatz der Marken Gurktaler, Rossbacher und Leibwächter, sondern die Pachterträge, die Gurktaler von Schlumberger bekommt. Dazu kommen die Erträge aus Finanzbeteiligungen.

Das heißt, auch nach der Abspaltung von der Schlumberger AG ist die Zusammenarbeit noch eng. Wie viele Mitarbeiter hat die Gurktaler AG?

Mit mir drei Frauen, wobei wir auch für Underberg arbeiten.

Wozu war die Abspaltung vor drei Jahren dann überhaupt gut?

Weil die Spirituosenmarken ganz anders positioniert sind und damit auch anders funktionieren als Schaumwein.

Sie sind eine von drei Frauen in Österreich, die eine AG leiten. Glauben Sie, dass Frauenquoten sinnvoll wären?

Ich würde es nicht gut finden, irgendwo in einem Betrieb als Quotenfrau zu sitzen. Was soll daran positiv sein? Ich halte auch nichts von all den Netzwerktreffen. Wer beruflich weiterkommen will, muss Einsatz zeigen. Ich habe zum Beispiel nie gefragt, wie sich ein Jobwechsel und damit Ortswechsel auf mein Privatleben auswirken wird.

Die gebürtige Wienerin ist – mit kurzen Ausnahmen – seit 25 Jahren in der Getränkebranche tätig. Sie war fünf Jahre im Coca-Cola-Konzern, bevor sie drei Jahre zum Lebensmittelriesen Nestlé wechselte und dann als Römerquelle- Geschäftsführerin wieder zu Coca-Cola wechselte. Bevor sie bei Underberg anheuerte, war sie ein paar Jahre im Red-Bull-Konzern für die Marke Carpe Diem zuständig. Die Wienerin (geboren 1967), verbringt ihre Freizeit am liebsten beim Wandern oder an einem Kärntner See.