Wirtschaft/BusinessOesterreich

Die Energie-Autarken

Ökoenergie liegt im Zeitgeist, genau so wie Klimaschutz und Energieeffizienz. Private Häuslbauer tun es bereits massenhaft: Sie montieren Solaranlagen aufs Dach, stellen eine Batterie in den Keller und versuchen so möglichst unabhängig von großen Stromversorgern zu werden.

Für Klein- und Mittelbetriebe ist die Sache schwieriger. Da geht es um Kosten und Wettbewerbsfähigkeit. Und da Strom im Großhandel derzeit äußerst billig ist, muss die Selbstversorgung mit Energie bei den meisten dieser Unternehmen noch warten – bis es sich auch wirklich rechnet.

Für Friedrich Riess ist das alles aber keine Frage. Der Eigentümer der Riess Kelomat GmbH in Ybbsitz in Niederösterreich ist mit Energieautarkie groß geworden. Schon sein Großvater hatte 1926 die Kohle durch Wasserkraft ersetzt. Seither wird die gesamte Energie für die Emaillierung des Riess-Geschirrs umweltfreundlich in Kleinwasserkraftwerken erzeugt. "Das raucht nicht, stinkt nicht und macht keinen Dreck", preist Riess die Vorzüge des Ökostromwerks.

1926 hat der Großvater das erste Wasserkraftwerk an der Ybbs errichtet und damit die Kohle, mit der Riess seit 1550 die Brennöfen für den Emaillier-Prozess auf 1200 bis 1500 Grad aufheizte, ersetzt. Unabhängigkeit sei das Motto des Großvaters gewesen, aber auch das Schonen der Umwelt. Denn viele Jahre heizte Riess mit Braunkohle aus dem nur wenige hundert Meter vom Werk entfernten Flöz. Die Verschmutzung der Umgebung war enorm. Das Wasserkraftwerk von damals ist noch immer die Hauptstromquelle für das Riess-Werk. Jetzt erst kommt ein zweites Kraftwerk dazu. Insgesamt 1,9 Megawatt stark sind die beiden Kleinwasserkraftwerke. "Das ist weit mehr Strom als wir selbst brauchen", sagt Riess. Einen Teil kann er ins öffentliche Netz einspeisen, wofür er einen geförderten Tarif erhält. Damit verdient er, "aber nicht wirklich viel", betont der Firmenchef.

Denn Kleinwasserkraftwerke müssen laut EU-Vorschrift neue Fischaufstiegshilfen bauen. Die Riess-Kraftwerke haben so etwas zwar schon, aber die neuen müssen in einer spezielle Betonkonstruktion gebaut sein. "Damit wir uns das leisten können, muss das Kraftwerk zumindest 20 Jahre laufen." Die Wasserkraft aufzugeben war für Riess dennoch keine Frage: "Wir sind 100 Prozent energieautark und bleiben das auch." Vielmehr setzt er aufs Energiesparen nach dem Motto: "Die beste Energie ist die, die wir nicht brauchen." So leitet er die Wärme der Brennöfen in die Trocknungsräume und -öfen und nutzt sie zum Heizen der Räume.

"Unsinnige Modernisierung"Wenig abgewinnen kann er dem Trend zum Tausch alter in neue Maschinen. Die angebliche Energieeinsparung sei ein Märchen. "Neue Küchenherde brauchen 3,8 Kilowatt je Platte. Da heize ich das ganze Haus damit", ärgert sich Riess. Auch sein Unternehmen musste nach einem Besuch des Arbeitsinspektors eine Maschine "auf den Stand der Technik" bringen. "Die neue hat so viel Energie verbraucht wie alle alten zusammen", kritisiert er die Idee zum Gerätetausch. Riess ist überzeugt, dass die Konsumenten die Tradition und Nachhaltigkeit seines Unternehmens schätzen und die Töpfe und Pfannen genau deswegen kaufen, auch wenn sie teurer sind als jene der chinesischen Konkurrenz. "Wir leben die Regionalität und zeigen sie auch."

"Umweltfreundlich und nachhaltig" ist auch für das steirische Kosmetikunternehmen Ringana oberstes Prinzip. Kein Wunder daher, dass sich Firmenchef Andreas Wilfinger schon vor Jahren dazu entschlossen hat, fast die gesamte Dachfläche mit Solarkollektoren abzudecken. 130 Megawattstunden Strom produziert Ringana aus der Sonnenkraft. "Das ist mehr als wir brauchen. Sogar im Winter liefern die Kollektoren Strom", ist Produktionschef Michael Wannemacher, Sohn des Firmengründers, stolz.

Für das schnell wachsende Unternehmen ist Energie ein wichtiger Faktor. Seit der Gründung 1996 ist Ringana jährlich um 15 bis 45 Prozent gewachsen. Und die Expansion des Hartberger Kosmetikunternehmens geht munter weiter. "Wir werden daher neue Fotovoltaik-Anlagen brauchen", sagt Wannemacher. Mit dem Sonnenstrom verdient Ringana auch Geld. Denn er wird zum geförderten Einspeisetarif an die Ömag (Ökostromvermarktungsgesellschaft) verkauft.

Sonnenwärme für den Schinken Der niederösterreichische Schinken-Hersteller Berger aus Sieghartskirchen hat den enormen Wärmebedarf in der Produktion komplett auf Sonne umgestellt. 2012 wurden mit EU-Förderungen die ersten Flachkollektoren aufs Dach montiert, ein Jahr später dann noch Parabolrinnen. Insgesamt rund 1200 Quadratmeter Fläche belegen diese Kollektoren und Rinnen, in denen Warmwasser solar aufgeheizt wird.

Dieses wird in einem 80 Quadratmeter großen Puffertank gespeichert und von dort mit 55 bis 60 Grad als Warmwasser in die Produktion geleitet. Höher temperiertes Wasser wird zur Dampferzeugung verwendet. Die solare Wärmeanlagen von Berger Schinken war lange die größte Österreichs. Inzwischen haben sich Nachahmer gefunden, die Bergers Anlage übertreffen.

Vom Gesamtenergieverbrauch des Unternehmens ist die Solarwärme allerdings nur ein kleiner Teil. Etwa vier Prozent des Strom- und Gasverbrauchs von zusammen 21 Megawattstunden im Jahr hat Berger durch die Sonne ersetzen können.

Heizen, völlig CO2-freiVier neue Werkshallen mit 7700 Quadratmetern Fläche heizt die Habau Hoch- und Tiefbau GmbH im oberösterreichischen Perg seit 2014 ausschließlich solar. 1500 Quadratmeter Kollektoren hat das Unternehmen dafür auf die Dachflächen montiert.

Als Pufferspeicher für das durch die Sonne erwärmte Wasser wird ein ehemaliger Gastank verwendet, der 80.000 Liter fasst. Die im Sommer gewonnene Solarenergie wird dort gespeichert, zum Teil aber auch als Prozesswärme verwendet. Damit können Schalungen für die Hohldielendeckenproduktion beheizt werden. Zudem wird die Sonnenwärme in die Trockenkammern geleitet.

Habau spart mit dem System jährlich 500.000 Kilowattstunden Energie aus fossilen Brennstoffen ein. 190 Tonnen an CO2-Emissionen pro Jahr werden dadurch vermieden. Für Habau ist die ökologische Beheizung der Perger Betonfertigteilwerke nicht nur ein Signal für den Klima- und Umweltschutz, sondern auch eine Absicherung des Standortes in Oberösterreich. "Produktivität und Arbeitsbedingungen konnten damit verbessert werden", sagt Geschäftsführer Anton Karner.

Irmgard Kischko