Wirtschaft

Brisante Klauseln im Ausgleichsfonds

Die Meinl Bank und die Immobilienholding Atrium, früher Meinl European Land (MEL), wollen ein gewieftes Stiftungsmodell ausnutzen, um sich Zivilklagen geschädigter MEL-Anleger und deren Privatbeteiligten-Anschlüsse im Strafverfahren vom Hals zu schaffen. Wie berichtet, sollen die MEL-Opfer über die gemeinnützige niederländische Stiftung „Atrium Claim“ entschädigt werden.

60 Millionen Euro?

Angeblich sollen für die geplante Einigung 60 Millionen Euro plus vier Millionen Verfahrenskosten in einem Topf liegen. Einen genauen Gesamtbetrag fand der KURIER in den bisherigen Unterlagen im Internet nicht. Um den Vergleich aber erfolgreich abschließen zu können, sollten möglichst viele MEL-Anleger mitmachen. ZahlungsmodusDen Anlegern werden 10 Prozent, 35 Prozent oder 70 Prozent Entschädigung angeboten – die Quote ist davon abhängig, wann die Investoren die verlustträchtigen Wertpapiere gekauft haben. Anleger, die teilnehmen, müssen eine ins Deutsche übersetzte Verzichts- und Verpflichtungserklärung akzeptieren. Die weiteren Geschäftsbedingungen sind in kompliziertem Vertrags-Englisch abgefasst. Auf der vorletzten dieser zehn Seiten finden sich zumindest zwei interessante Klauseln. „Die teilnehmenden Investoren werden aus dem Ausgleichsfonds vom Treuhänder bezahlt, bis der Fonds erschöpft ist“, heißt es dort sinngemäß.

Quoten werden reduziert

Wenn mehr als 90 Prozent des Ausgleichsfonds ausbezahlt sind, heißt es weiter, werden die Zahlungen gestoppt. Nach einer weiteren Prüfung der verbleibenden Forderungen wird der Rest des Topfes auf die Anleger quotenmäßig verteilt. Oder anders gesagt: Reicht das Vermögen des Ausgleichsfonds nicht aus, so sollen die angepriesenen Quoten von 10 bis 70 Prozent entsprechend reduziert werden. „Mir wurde gesagt, dass diese Klauseln nur zur Absicherung dienen“, sagt Wilhelm Rasinger, Präsident des Interessenverband für Anleger (IVA) und Vorstand der Stiftung „Atrium Claim“. „Die Wahrscheinlichkeit, dass der Topf voll ausgeschöpft wird, halte ich für sehr gering.“ Nachsatz: „Aber wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“ Keine Verpflichtung „Mir ist auch wichtig, dass sich niemand genötigt fühlt, dieses Angebot anzunehmen“, sagt Rasinger. „Wir machen uns da überhaupt nichts vor, Meinl ist kein Wohltäter, und er macht das nur, weil es unbedingt notwendig ist und ihm einen Vorteil bringt.“

AdvoFin geht eigene Wege

Anleger, die weder eine Rechtsschutzversicherung haben noch beim Prozessfinanzierer AdvoFin an Bord sind, können sich überlegen, so Rasinger, ob dieses Angebot für sie attraktiv ist. Diese angesprochenen Anleger haben sich in der Regel nur im Strafverfahren als Geschädigte (Privatbeteiligte) angeschlossen, um eine Verjährung ihrer Schadenersatzansprüche gegen Meinl & Co. zu verhindern. Mit der Teilnahme an der Atrium-Claim-Stiftung müssen sie diese Anträge zurückziehen. Alle Ansprüche und Rechte werden der Stiftung übertragen. Der Prozessfinanzierer AdvoFin, der 5300 MEL-Anleger mit 200 Mio. Euro Schaden vertritt, macht nicht mit. „Wir haben jahrelang für unsere Klienten mit hohen Kosten erfolgreich prozessiert und bahnbrechende OGH-Urteile erzielt“, sagt AdvoFin-Anwalt Ulrich Salburg. „Wir gehen unseren eigenen rechtlichen Weg weiter. “