Wirtschaft

Boxenstopp bei der Art Basel

Im Vorfeld bekam ich von vielen Kunstkennern wichtige Tipps: "Du musst es auf dich wirken lassen!", "Gib dem Experimentellen eine Chance!", "Du musst es erspüren!" Ok. Ich habe mir fest vorgenommen, es zu versuchen. Wirklich. Ganz ehrlich. Doch jetzt kommt nix – einfach nix. Keine Gefühle, keine Fantasien und schon gar kein Glücksrausch.

Die vier stehenden Autoreifen bringen mich einfach nicht in Fahrt. Irgendwie tun sie mir leid: Ganz allein und verloren stehen sie im weißen nichts des Standes der Londoner Herald St Galerie. Es ist eine Installation des britischen Künstlers Nick Relph. Doch ich verstehe sie einfach nicht. Was genau will sie mir sagen? Etwa: Achtung beim nächsten Reifenkauf – Sie sind damit im Besitz eines Kunstobjektes! Ist das nun Kunst?

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Die Art Basel ist die wichtigste Messe für zeitgenössische und moderne Kunst der Welt. Jährlich pilgern Tausende Interessenten und Sammler in die Schweizer Kleinstadt. Heuer sind es um genau zu sein 65.000. 300 Galerien stellen Werke von mehr als 2500 Künstlern aus.

Der Verkauf soll laut Organisatoren diesmal besonders stark sein. Summen werden keine genannt, um sich aber eine Vorstellung machen zu können: Das teuerste Gemälde der Messe ist ein Bild des Malers Mark Rothko aus dem Jahr 1954 um 87 Millionen Dollar. Ein Grund, der erklärt, warum die ersten zwei Tage der Messe besonders kaufkräftigen Kunden gewidmet wurden. Selbst Baywatch-Nixe Pamela Anderson war heuer mitten drin statt nur dabei. Diese Zahlen sind natürlich auch ein Beweis dafür, dass so viele Menschen nicht irren können. – Oder doch?

Außenstehende wie ich scheitern schon zu Beginn. Wo fängt Kunst an und wo endet sie?

Mein Vorsatz vor dem Betreten des kreativen Epizentrums: Lass dich überraschen.

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Ja, sie sind durchaus spannend, die ausgestellten Bratpfannen, Kochtöpfe und Marmeladengläser. Der Künstler Reto Pulfer (Galerie Balice Hertling, Paris) hat sie auf einem Drahtgestell drapiert, wie man es in Haushaltswarenhandlungen findet. Ist das nun Kunst? Den tieferen Sinn, es tut mir wirklich leid, verstehe ich nicht.

Das Werk "Tragedy" der Künstlerin Nina Beier? Für mich wirklich eine Tragödie. Ein ausrangierter Perserteppich in einem dunklen Raum, der in der Mitte mit einem Spot ausgeleuchtet ist. Der Begleittext: "Die Künstlerin ladet Hundebesitzer ein, ihre Lieblinge in der Mitte hinlegen zu lassen. Die sollen dann so tun als ob und sich tot stellen." Das ist also nun der künstlerische Gedanke dahinter? Offensichtlich, ja. Keine Angst ich bin nicht verloren. Und ja, selbst mir sagt und bringt Kunst etwas. Werke wie etwa die Bilder der New Yorker Tilton Gallery von Njideka Akunyili oder etwa die Bilder des amerikanischen Künstlers Alex Katz (Galerie Ropac, Salzburg) sind auch für mich ein Highlight. Ausdrucksstark, klar und inspirierend.

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Beeindruckend ist auch ein Nebenschauplatz der Messe, die Design Miami. Besonders toll ist dort etwa das Aluminiumhaus des französischen Architekten Jean Prouvé (Galerie Patrick Segiun, Paris) oder die Blumenkuppel "Mazzolin di fiori" des Designers Andrea Salvetti.

In der Architektur und im Design plädiere ich immer für ein gewisses Maß an Selbstverständnis. Egal, ob es sich um ein Gebäude, eine Kommode, eine Lampe oder um ein Glas handelt – es muss sich erklären können. Interpretationen dazu dienen zur Vertiefung. Das funktioniert. Es ist direkt, ehrlich und greifbar. Die Einschätzung von Kunst hingegen scheint wesentlich schwieriger zu sein.

Viele können jetzt behaupten, ich habe kein Gespür für die hohe Kunst. Doch sprechen wir tatsächlich von Kunst, wenn man ein am Boden zusammengerolltes Seil ausstellt? Selbst wie ich versucht habe, mich dem kollektiven "Ich schaue jetzt besonders angestrengt auf das Bild"-Blick anzuschließen, wollte es einfach nicht klappen.

Also ja: Ich kann mich durchaus für Kunst begeistern. Marmeladegläser oder Autoreifen zählen jedoch nicht dazu.