Bis zu 1900 Euro Gehalt für Lehre nach der AHS-Matura
Von Anita Staudacher
Die Lehre absolvieren und dabei gut verdienen: Beim Welser Großhändler Kellner & Kunz AG (Reca), einem Spezialisten für Kleinteile-Management, ist das möglich. Der in der Ausbildung sehr engagierte Leitbetrieb wirbt in Zeiten des Fachkräftemangels gezielt um AHS-Maturanten, die nicht unbedingt studieren, sondern gleich beruflich durchstarten wollen. „Wir bekommen keine Fachkräfte mehr, also müssen wir sie selbst ausbilden und uns was einfallen lassen“, sagt Vorstandsvorsitzender Ernst Wiesinger. Den Maturanten wird eine „duale Akademie“ angeboten. Dabei durchlaufen sie eine auf eineinhalb bis zweieinhalb Jahre verkürzte Ausbildung im Lehrberuf „Trade & Logistics“ (Schwerpunkt Großhandel).
Finanzieller Anreiz
Besonderer Anreiz: Schon zu Beginn der Ausbildung wird der Lehrling höher bezahlt, nämlich mit dem kollektivvertraglichen Mindestgehalt, das je nach Einsatzgebiet zwischen 1500 und 1900 Euro im Monat liegt. Kellner & Kunz ist nur einer von 70 Betrieben in Oberösterreich, die diese Ausbildung anbieten wollen. Die Idee stammt von der Wirtschaftskammer Oberösterreich. „Die ersten beiden dualen Akademie-Lehrgänge für Großhandel und Mechatronik in Linz laufen bereits, 2019 sollen die nächsten drei Lehrberufe dazukommen“, erläutert Friedrich Dallamaßl, Bereichsleiter Bildungspolitik in der WKO OÖ. Ziel sei es, den Lehrlingspool in Oberösterreich auszuweiten. „Mittelfristig rechnen wir, dass etwa zehn Prozent der AHS-Absolventen eine Lehre beginnen werden, das wären 250 bis 300 Lehrlinge pro Jahr.“ Das Feedback sowohl von der Berufsschulen als auch von den Gymnasien sei durchwegs positiv.
Idee macht Schule
Diese Aufwertung der Lehre werde bald auch in anderen Bundesländern umgesetzt werden, ist überzeugt Salzburg sei bereits in der Umsetzung, Wien soll im Herbst 2019 folgen. Mit der dualen Akademie soll auch Studienabbrecher angesprochen werden. Für die Ausbildungsbetriebe gibt es Unterstützung durch das AMS.
Hauseigene Matura
Kellner & Kunz war maßgeblich an der Entwicklung beteiligt und schloss als erstes Unternehmen in Oberösterreich den ersten Lehrvertrag im Rahmen der dualen Akademie ab. Zudem bietet das Unternehmen seinem Nachwuchs eine hauseigene Lehrlingsakademie. Wer diese absolviert und mehrere Stationen im Betrieb durchläuft, erhält eine eigene „Kellner&Kunz-Matura“, die intern wie eine richtige Matura gilt und entsprechend honoriert wird. „Ausbildung kostet Geld, aber Mitarbeiter suchen noch viel mehr“, sagt Wiesinger, der aktuell 40 Lehrlinge ausbildet. Seit dem Sommer gibt es zu Betriebslogistikkauffrau/mann und Großhandelskauffrau/mann auch zwei neue Lehrberufe: eCommerce-Kauffrau/mann und IT-Techniker/in.
Die Welser Zentrale des stark wachsenden Unternehmens wird gerade um 40 Millionen Euro erweitert. Der Zubau wird 2019 mit 200.000 zusätzlichen Behälterplätzen im Kleinteilelager und 15.000 Palettenplätze im Hochregallager in Teilbetrieb gehen. Dass im Zuge der Digitalisierung Roboter irgendwann seine Mitarbeiter in Logistik und Lagerhaltung ersetzen werden, glaubt Wiesinger nicht: „Es gibt bis heute keinen Roboter, der eine Kommissionierung übernehmen könnte“, nennt er ein Beispiel.
Nähere Infos zum Projekt "Duale Akademie" finden Sie hier