Wirtschaft

Ex-Alpine-Boss Aluta im Visier der Justiz

Im Ermittlungsverfahren um die 2,9 Milliarden Euro schwere Pleite des Baukonzerns Alpine (2013) platzt nun eine Bombe. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht nicht nur dem Verdacht des Betrugs und der Bilanzfälschung nach, sondern hat nun ein zweites Ermittlungsverfahren unter der Aktenzahl 15 St 2/15t eingeleitet.

Das neue Verfahren richtet sich gegen jene Alpine-Geschäftsführer, die 2009 bis Sommer 2010 beim Bau-Riesen tätig waren, aber vor allem gegen den früheren Alpine-Boss und Alpine-Holding-Aufsichtsrat Dietmar Aluta-Oltyan und sechs weitere Personen. Darunter sind ein angeblicher türkischer Lobbyist namens "Professor Yusuf Ahmet" und ein Liechtensteiner Anwalt und Treuhänder. Der Verdacht: Untreue, Beitragstäterschaft zur Untreue und Bestechung von (ausländischen) Amtsträgern. Strafdrohung: bis zu zehn Jahre Haft. Dietmar Aluta-Oltyan, der damals noch Minderheitsgesellschafter der Alpine war, bestreitet alle Vorwürfe.

Rechtshilfeersuchen

Indes hat die WKStA Rechtshilfeersuchen an die Behörden in Liechtenstein, in der Türkei und Zypern gestellt. Zugleich wurde die Öffnung von Konten bei der Bank of Cyprus Group, der Denizbank und der Vaduzer Verwaltungs- und Privatbank beantragt.

Laut Aktenlage sind im November 2009 von der Alpine Bau 575.000 Euro für angebliche Beratungsleistungen an die zypriotische Firma Windforce Estates Ltd. geflossen. Laut Staatsanwaltschaft hatte die Alpine den Zuschlag für das albanische Straßenbauprojekt "Dames Tepelene" erhalten, obwohl sie nicht Bestbieter gewesen sein soll. Die Zahlung an Windforce soll damit begründet worden sein, dass diese der Alpine eine griechische Firma als Subauftragnehmer vermittelt habe. Das sieht der Staatsanwalt aber ganz anders. Der Zahlung seien keine Leistungen zugrunde gelegen, so die WKStA, sondern es soll sich "um Bestechungszahlungen an den staatlichen albanischen Auftraggeber gehandelt haben".

Aluta sei verdächtig, mit zwei weiteren Personen "die Verhandlungen beim Albanien-Projekt geführt und die Zahlung der Scheinrechnung über die Geschäftsführer der Alpine Bau veranlasst zu haben".

Fall Nummer zwei

Im Dezember 2009 hat die Alpine 900.000 Euro an die Liechtensteiner Hilag AG gezahlt. Laut Aktenlage hatte die Alpine bei dem türkischen Staudammprojekt Ermenek offene Nachforderungen von 45 Millionen Euro. Mit dem Auftraggeber soll sie schwer übers Kreuz gewesen sein. Selbst ein Schiedsverfahren blieb erfolglos. In der Folge sollten sich türkische Lobbyisten dafür einsetzen, dass der türkische Auftraggeber die Gelder freigibt. Einer der Lobbyisten soll "Yusuf Ahmet" gewesen sein, dessen Identität nicht geprüft wurde und mit dem kein Vertrag bestand.

"Die Hilag wurde von der Firma Alpine bzw. Ing. Aluta als Treuhänderin für Zahlungen in die Türkei benutzt", behauptet der Vaduzer Anwalt und Hilag-Verwaltungsrat in einem Schreiben an den Wienen Staatsanwalt. "Ing. Aluta wusste, dass die Firma Hilag (…) als Bote diesen Betrag (900.000 Euro) weiterleitete, nämlich als eine Vorausprovision für die türkischen Mittelsleute." Zugleich übermittelte er der WKStA diverse Unterlagen, darunter einen Kontoauszug mit einer Überweisung von 900.000 Euro an eine türkische Firma im Jänner 2010. Auch hier hegt die WKStA den Verdacht, dass es sich um eine Scheinrechnung handelt . Sie will per Rechtshilfe den tatsächlichen Empfänger ausforschen.

Vorwürfe bestritten

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"Herr Aluta war Ansprechpartner für viele, aber beim Albanien-Projekt war er nicht involviert, außer dass er zwei eMails erhalten hat", sagt Alutas Anwalt Felix Klement zum KURIER. "Die Alpine war Bestbieter. Die Zahlung war kein Schmiergeld, sondern diente zur Bezahlung des griechischen Subauftragnehmers, der das Projekt übernommen hat." Die Alpine selbst hätte das Projekt nicht kostendeckend abwickeln können. Beim Türkei-Projekt sollte die Liechtensteiner Hilag als eine Art Inkasso-Büro fungieren und die offene Forderung eintreiben – was aber anscheinend nicht klappte. Laut Anwalt Felix Klement legt Dietmar Aluta-Oltyan Wert auf die Feststellung, "dass die jeweiligen Alpine-Geschäftsführer beide Zahlungen freigegeben haben und nicht er".

Der Salzburger Baukonzern Alpine war jahrzehntelang ein Vorzeigebetrieb, zur Hochzeit hatte er 15.000 Mitarbeiter. Der Kurs hieß Expansion. „Diese Entwicklung der ausländischen Märkte verlief ohne erkennbare strategische Planung, sondern zunächst auf Basis persönlicher Kontakte von Geschäftsführer Dietmar Aluta-Oltyan zu lokalen Partnern“, heißt es in einem Bericht der späteren Co-Insolvenzverwalterin Ulla Reisch.

Im Jahr 2006 übernahm der spanische Konzern FCC die Mehrheit und pumpte viel Geld in den Bau-Riesen. 2012 übernahmen die Spanier die restlichen Anteile vom Ex-Alpine-Chef Aluta. Im Herbst 2012 kämpfte der Riese dann mit argen Liquiditätsproblemen, Mitte Juni 2013 kam das Aus. In Österreich waren 4900 Mitarbeiter von der Pleite betroffen.

Die Alpine-Assets verkaufte Insolvenzverwalter Stephan Riel erfolgreich ab. Rund 3,5 Mrd. Euro Forderungen wurden angemeldet, sie haben sich mittlerweile bei 2,9 Milliarden Euro eingependelt. Seit 2013 ermittelt die WKStA gegen mehr als zwei Dutzend Manager und andere Personen. Der Verdacht: Betrug und Bilanzfälschung.