Wirtschaft

Bestatter bekommen keine Rosen für Preistransparenz

Es klingt nach einem todsicheren Geschäftsmodell: ein Bestattungsunternehmen. Das haben sich nach der Marktliberalisierung 2002 wohl einige in Österreich gedacht und sich selbstständig gemacht. Einige davon wurden in der Folge bei Theodor Thanner vorstellig, dem Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB).

Es ging um Streitereien mit alteingesessenen Betrieben. Diese hatten zum Beispiel den Schlüssel zur örtlichen Aufbahrungshalle, rückten ihn der neuen Konkurrenz aber nur gegen ein Entgelt von 1000 Euro heraus. Kosten, die der neue Mitbewerber auf seine Kalkulation aufschlagen musste – was ihn nicht gerade wettbewerbsfähig machte. Die Wettbewerbshüter haben die Branche daher genauer durchleuchtet – und legen nun einen Bericht vor.

Verschwiegen

Hauptkritikpunkt ist die Verschwiegenheit der Branche, wenn es um Begräbniskosten geht. „Preisvergleiche sind für Konsumenten praktisch unmöglich“, sagt Thanner. Außer die Nachkommen klappern alle Anbieter in der Umgebung höchstpersönlich ab – wozu die wenigsten Hinterbliebenen die Zeit und die Nerven haben werden.

Eine Online-Recherche der Preise kann man sich vielerorts abschminken. Nur 18 der österreichweit 513 Bestattungsunternehmen weisen auf ihrer Homepage ihre Preise aus. Mehr als 200 haben nicht einmal eine Webseite.

 

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Branchensprecher Rainer Wernhard argumentiert, dass der Preis einer Beerdigung von vielen Faktoren abhänge, eine Auszeichnung auf der Homepage also wenig Sinn machen würde. „Dazu kommt, dass die Friedhofsgebühren nicht überall gleich hoch sind und es regional unterschiedliche Bräuche gibt, was die Aufbahrung angeht.“ Dass die Preisangabe „pietätlos“ sei, wie Branchenvertreter laut BWB gesagt haben, würde er so nicht unterschreiben. „Pietätlos waren die Markttests diverser Aufdecker.“ Sprich, dass die Tester einen Todesfall vorgetäuscht haben, um Kostenvoranschläge zu bekommen. Solche Tests sind in anderen Branchen durchaus üblich. Wernhard: „In anderen Branchen bringt man aber niemanden ins Grab.“

Wobei bei der Frage, was pietätvoll ist, die Meinungen sicher auseinander gehen. So hat ein oberösterreichischer Bestatter einen Online-Shop eingerichtet, in dem er Lego-Leichenwägen oder T-Shirts mit dem Aufdruck „Das letzte Auto ist immer ein Kombi“ anbietet. Ein anderer verweist auf seiner Homepage auf ein Musical mit dem Titel „Sarg niemals nie“.

Preisvergleichsportale

In Großbritannien oder auch Deutschland gibt es dagegen längt Preisvergleichsportale. „Man gibt den Ort ein, in dem die Bestattung stattfinden soll und bekommt wie auf Airbnb sämtliche Bestatter samt Angeboten auf einer Stadtkarte angezeigt“, sagt Sarah Fürlinger, die für die BWB den Markt analysiert hat. „In Österreich undenkbar, es verrät ja keiner die Preise“, ergänzt Thanner.

Wernhard sagt, dass er mindestens einmal in der Woche jemanden berät, der gar keinen Todesfall in der Familie hat. „Die Leute wollen wissen, welche Kosten auf sie zukommen. Solche Gespräche gibt es immer öfter. Auch, weil die Verwandtschaft oft weit weg wohnt und sich nicht kümmern kann.“

Konkurrenzsituation

Wer sich trotz allem überlegt, neu ins Bestattungsgeschäft einzusteigen, sollte sich überlegen wo. Die Konkurrenzsituation ist regional recht unterschiedlich. Im Burgenland kommen auf 100.000 Einwohner 20 Bestattungsunternehmen, das sind doppelt so viele wie in Oberösterreich, fast drei Mal so viele wie in Niederösterreich und rund vier Mal so viele wie im Rest Österreichs – mit Ausnahme von Wien.

In der Bundeshauptstadt kommen auf 100.000 Einwohner statistische 0,8 Bestattungsunternehmen. „Dies deutet darauf hin, dass in Wien durchaus ein Bedarf an Wettbewerb durch Neugründungen oder Bestattungsunternehmen aus dem regionalen Umfeld besteht“, schließt die BWB. „Eine Milchmädchenrechnung“, kontert Wernhard. Nicht umsonst hätten viele schon wieder aufgegeben. „Die Leute sehen nur, wie viel ein Begräbnis kostet, aber nicht, wie hoch die Kosten des Bestattungsunternehmens sind. Allein der 24-Stunden-Bereitschaftsdienst kostet jährlich um die 30.000 Euro.“