Wirtschaft

„Belgien ein Vorbild für Österreich“

Nach 541 Tagen war es Anfang Dezember endlich soweit: Belgien hat nach Streitigkeiten zwischen den beiden Sprachgemeinschaften von Flamen und Wallonen zu einer Regierung unter Elio di Rupo gefunden. Dieser hat sogleich ein Sparpaket im Ausmaß von 11,3 Milliarden Euro ausgearbeitet. Für Andreas Schuster, Manager der der Hypo Capital Management, ist hier „Belgien ein Vorbild für Österreich“.

In seiner Analyse mit dem Titel „Österreich: früher das bessere Deutschland, heute das schlechtere Belgien“ zeigt er Parallelen und Unterschiede zwischen den beiden Staaten. Schuster: „Österreich hat eine ähnlich große Bevölkerung und ein ähnlich großes Bruttoinlandsprodukt pro Kopf.“ Und Österreich habe auf den Finanzmärkten seit jeher von seinem traditionellen Status als kleiner Bruder Deutschlands profitiert, Belgien wiederum von seinen Verbindungen zu Frankreich.

Bis dato kann sich Österreich auf den Finanzmärkten günstiger refinanzieren als Belgien, auch fallen die Ratings besser aus. Das müsse aber nicht so bleiben, warnt Schuster. „Werden keine Reformen gemacht, dann kann Österreich auf das Niveau von Belgien fallen.“ Der Beneluxstaat will heuer das Defizit unter die kritische Drei-Prozent-Marke drücken. Hierzulande werden sich laut WIFO nur drei Prozent ausgehen.

Weniger Ausgaben

Schuster stellt das belgische Budget für 2012 als Vorbild dar. 42 Prozent der Einsparungen ergeben sich aus Ausgabenkürzungen, 34 Prozent aus Steuererhöhungen und 24 Prozent aus „anderen Maßnahmen“. Dass es relativ viele Steuererhöhungen gab (zum Beispiel höhere Abgaben bei Börsengeschäften) liegt laut Schuster an der kurzen Zeit, die die neue Regierung zur Umsetzung hatte. Zu den Einsparungen zählen strengere Regeln bei der Arbeitslosenbeihilfe, die Anhebung des Frühpensionsalters von 60 auf 62 Jahre und geringere Ausgaben im Gesundheitsbereich.

Schuster: „Belgien hat seine Hausaufgaben für 2012 erledigt, Österreich das Heft noch nicht einmal aufgeschlagen.“ Dass beim Reformeifer Belgien besser dastehe, zeige auch eine Studie der Berenberg Bank. Demnach liegt Österreich auf dem letzten Platz aller Euroländer, hinter Deutschland, Frankreich und Belgien. Führend sind Estland und die beiden Schuldenländer Griechenland und Spanien.

Hinzu komme, so Schuster, dass die offizielle Verschuldung Österreichs mit 72,2 Prozent des BIP zwar offiziell niedriger als jene Belgiens (97 Prozent) sei. Allerdings gebe es in Österreich versteckte Schulden von 32,6 Milliarden Euro, die aus den ÖBB, der Asfinag, Krankenanstalten und der KA Finanz resultieren. „Damit steigt die Schuldenquote auf 83,2 Prozent des BIP.“

Ein ähnliches Problem hat aber auch Belgien. Mit der Rettung der Dexia Bank hat der Staat Garantien in Höhe von 54 Milliarden Euro übernommen. Werden diese schlagend, würde die Verschuldung weit über 100 Prozent des BIP getrieben werden. Somit gibt es auch für die Belgier keinen Grund, sich zurückzulehnen.

Semesternote für Belgien für die Fächer Sparen, Reformen und Wachstum: 3

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