Banken: Staatlich verzerrter Wettbewerb
Von Christine Klafl
Die Österreichische Volksbanken AG, das Spitzeninstitut des Volksbanken-Sektors gehört demnächst zu mehr als 40 Prozent dem Staat. Mit Beteiligungen an Banken übernimmt der Staat auch unternehmerische Verantwortung, sagt Rainer Hauser. Der Privatkundenvorstand der Bank Austria über Wettbewerbsverzerrungen im Bankensektor, über Wohlfühl-Kredite, mit denen er sich keineswegs wohlfühlt, und über weiteres Wachstum – auch ohne das Österreich-Geschäft der Kärntner Hypo.
KURIER: Bei Spar- und Kreditzinsen-Vergleichen zählen die Volksbanken oft zu den Bestbietern. Wie fühlen Sie sich damit?
Rainer Hauser: Zuerst muss ich betonen: Die Bank Austria ist die einzige Großbank in Österreich, die keine Staatshilfe gebraucht hat (sie hat Geld aus einer Kapitalerhöhung der Mutter UniCredit erhalten, Anm.). Wenn sich der Staat an Banken beteiligt, dann ist die Politik auch verantwortlich dafür, dass es nicht zu wettbewerbsverzerrenden Situationen kommt. Als Beteiligter hat der Staat mit Sitzen im Aufsichtsrat mitunternehmerische Verantwortung und Einfluss auf die Geschäftspolitik.
Ist der Wohlfühl-Kredit so ein Beispiel? Da bietet die Volksbank Tirol eine Wohnfinanzierung zu guten Zinsen an und schenkt dem Kunden auch noch gleich eine Infrarotkabine im Wert von 5390 Euro und zwei Jahren Prämie für eine Eigenheimversicherung dazu ...
Wir schauen uns sehr genau an, ob mit den beigepackten Geschenken überhaupt noch Geld verdient wird. Das sind Angebote, die nur sehr begrenzt nachvollziehbar sind. Eine Bank sollte sich über die Beratungsqualität positionieren und nicht mit Infrarotkabinen. Ich weiß ganz genau: Wenn ich diese Preise in den Markt stelle, verdiene ich nichts. Der Staat als Miteigentümer der ÖVAG hat aber die Profitabilität sicherzustellen.
Sind derartige Angebote wirklich wettbewerbsverzerrend oder einfach nur der Kampf um neue Kunden?
Ich finde diese aggressive Marktgewinnung nicht legitim. Da stellt sich wirklich die Frage, wie stabil diese Geschäftsmodelle sind. Wir haben auch ohne diese Verzerrung viel Wettbewerb, der ist noch tougher als in Deutschland. Die Spannen in Österreich sind im Europavergleich ohnehin am niedrigsten.
Aus den Volksbanken hört man aber, dass ja das Spitzeninstitut ÖVAG Probleme hatte und nicht sie selber ...
Ich kann nicht nachvollziehen, wenn die Volksbanken sagen, sie hätten mit der ÖVAG nichts zu tun. Das ist frech, das ist ein Märchen. Das verstehen auch unsere Kunden nicht, dass bei Genossenschaften so vorgegangen wird. Die Genossenschaft war ja schließlich bisher ein Argument beim Produktverkauf an Kunden.
Wenn Sie eine Verzerrung des Wettbewerbs beklagen – werden Sie dann auch Klage dagegen einreichen?
Ich glaube nicht, dass es so weit kommen muss. Ich habe so viel Vertrauen in die öffentliche Diskussion und die politische Verantwortung, dass wir den Klagsweg nicht brauchen. Aber in Deutschland gab es so ein Beispiel: Dort hat die Hamburger Sparkasse erfolgreich dagegen geklagt, dass die teilverstaatlichte Commerzbank mit Gratisangeboten und teuren Give-aways gelockt hat.
Sollten die Volksbanken jetzt aufhören, mit unseren Skispringern zu werben?
Die Werbung sollte schon dem Management überlassen bleiben. Aber bei allem sollte man die Eigenkapital-Rentabilität sicherstellen. Dazu gehört auch das Sportsponsoring.
Mit dem Österreich-Geschäft der Hypo Kärnten gibt es gerade Marktanteile zu kaufen. Wollen Sie?
Die klare Antwort lautet: Nein. Österreich gilt als overbanked. Welchen Nutzen hätte ich, wenn ich mir Strukturen zukaufe? Wir sind in Kärnten ohnehin gut aufgestellt.
Heißt overbanked für Sie, dass Sie Ihr Filialnetz ausdünnen?
Nein, im Gegenteil. Wir haben im Vorjahr die Zahl unserer Filialen, die Klein- und Mittelbetriebe betreuen, von 22 auf 60 ausgebaut. Wir wollen uns als die KMU-Bank in Österreich positionieren. Auch heuer werden wir wieder eine KMU-Milliarde vergeben. Im Vorjahr haben wir mit 1,16 Milliarden Euro sogar mehr vergeben. Bei freien Berufen sind wir in vielen Bereichen Marktführer, das wollen wir weiter ausbauen. Zum Beispiel bei der Gründung von Ärzteordinationen.
Zu den Änderungen für Sparer und Anleger in Österreich: Wie wirkt sich die Reduktion der staatlichen Prämien bei Bausparen und Zukunftsvorsorge auf das Kundenverhalten aus?
Das Produkt Bausparen wird weiter sehr wichtig sein. Die Prämienreduktion ist unerfreulich, aber kein Untergangsszenario für die Branche. Die Verbraucher haben auf die ersten Ankündigungen sofort reagiert, die Nachfrage ist zurückgegangen, über die Zeit wird dieser Schock aber vergehen. Das ist ein grundsolides Produkt, das ich selber etwa zu einer Taufe schenken würde. Da tut man einfach nichts Falsches. Bei der Zukunftsvorsorge ist das anders: Hier wird der Schock nicht vergehen. Es ist extrem schade, dass die Prämiensenkung im luftleeren Raum passiert ist. Sie ist nicht eingebettet in eine Strategie, wie sich die Privatvorsorge in Österreich entwickeln soll.
Seit 1. April gilt die 25-prozentige Wertpapiersteuer auf Kursgewinne. War Ihre EDV zeitgerecht so weit?
Ja, wir haben die EDV-Umstellung geschafft. Sie hat uns einen Millionenbetrag im unteren zweistelligen Bereich gekostet. Wir haben schließlich mehr als 300.000 Depots. Die neue Wertpapier-Kest ist eine sehr, sehr komplexe Geschichte. Das Ding ist einfach zu kompliziert, das hätte man vielleicht einfacher machen sollen.
Im April des Vorjahres hat die Bank Austria darauf verzichtet, die Kontogebühren in Höhe des Verbraucherpreisindex VPI anzuheben. Fällt die Erhöhung dafür heuer kräftiger aus?
Nein, wir haben auch heuer mit Anfang April die Gebühren nicht erhöht. Die Bindung an den VPI war früher gängige Praxis. Dann wurde sie infrage gestellt und der Verein für Konsumenteninformation hat uns stellvertretend für die Branche geklagt. Ich bedaure, dass da gleich der Rechtsweg beschritten wurde. Da es noch keine Entscheidung dazu gibt, wollen wir da nicht noch Öl ins Feuer gießen. Bei 1,8 Millionen Konten ist das aber schon ein spürbarer Betrag.
Rainer Hauser: Von der Pike auf zum Bankvorstand
Bankkaufmann Der groß gewachsene Hauser, der vor Kurzem seinen 45. Geburtstag feierte, stammt aus dem deutschen Radolfzell am Bodensee. An der dortigen Sparkasse ließ er sich nach der Matura zum Bankkaufmann ausbilden. Danach folgte das Studium der Betriebswirtschaftslehre in Saarbrücken, Dublin und St. Gallen. Nach verschiedenen Stationen stieß er im Jahr 2000 zur UniCredit-Gruppe.
München–Wien Zusätzlich zu seinen Aufgaben bei der HypoVereinsbank in München war Hauser von 2004 bis 2006 auch für den Bereich Treasury & Securities Services der Bank Austria zuständig und pendelte zwischen München und Wien. Im Juni 2009 wurde er zum Vorstand der Bank Austria, zuständig für Privatkunden, Klein- und Mittelbetriebe, bestellt und übersiedelte mit seiner Frau (einer Französin) und den vier Kindern nach Wien. Hauser ist ein sehr guter Surfer, hat aber jetzt nur wenig Zeit dafür.
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