Wirtschaft

AUA-Betriebsrat spürt Rückenwind für neuen KV

Die gerichtliche Niederlage der AUA im Streit über die Rechtmäßigkeit des Betriebsübergangs des Flugbetriebs auf die günstige Tochter Tyrolean vergleicht Bord-Betriebsratschef Karl Minhart mit einem „Crashkurs, den AUA-Chef Jan Albrecht fliegt“. Freude kommt bei Minhart jedoch über den Sieg nicht auf, ist doch auch ihm bewusst, dass auf die finanziell schwach aufgestellte Airline hohe Kosten zukommen könnten. „Die AUA steht vor einem Debakel, das es zu vermeiden gilt. Der Betriebsrat wird konstruktiv mitwirken.“

Konkret soll dies durch einen neuen Kollektivvertrag geschehen, mit dem beide Seiten leben können. Verhandlungen dazu wurden jedoch erst im Juli aufgenommen, nachdem in einem zweiten Gerichtsstreit der Oberste Gerichtshof den Europäischen Gerichtshof eingeschalten hat. Dieser soll mithelfen zu klären, ob der alte KV trotz Betriebsübergang auch weiterhin anzuwenden ist. „Das hat geholfen, die Verhandlungen zu beginnen“, so Minhart. Und das jetzige Urteil werde helfen, sie zu beschleunigen.

Dem Betriebsrat ist klar, dass auch ein neuer KV etwas kosten werde, doch weit weniger als ein Gang durch alle Instanzen mit einem Verlierer AUA am Ende. „Das Urteil wird bis zum OGH Bestand haben“, warnt Betriebsratsanwalt Roland Gerlach. Denn man könne nicht einfach „in einem Handstreich den Kernbetrieb auslagern, nur weil man kein Geld hat“. Im österreichischen Arbeitsrecht habe es so einen Fall noch nie gegeben. Möglich sei das nur in Teilbereichen (z. B. IT).

Hoher Verlust

Gerlach meint auch, dass die nach dem Betriebsübergang möglich gewordene Auflösung der Rückstellungen (z. B. für Pensionen) von 181 Mio. Euro in der Bilanz 2012 wieder rückgängig gemacht werden müsse. Die Konzernführung sieht das anders. „Wir werden das nicht tun. Denn die Wahrscheinlichkeit ist nach wie vor hoch, dass der Übergang rechtens ist“, so Sprecher Peter Thier. Trotz Fortsetzung des Rechtsstreits decke sich aber das gemeinsame Ziel eines neuen Kollektivvertrags.

Detail am Rande: Der Bilanzverlust der AUA AG stieg 2012 nach einem hohen Verlustvortrag nochmals deutlich auf minus 145 Mio. Euro (nach minus 83 Mio. Euro).

Schlappe für die AUA vor Gericht: Das Arbeits- und Sozialgericht Wien hat die Rechtmäßigkeit des Betriebsübergangs des AUA-Flugbetriebs auf die günstiger operierende Tochter Tyrolean im Jahr 2012 für nichtig erklärt. Laut AUA-Interpretation ist dem Urteil zufolge der Betriebsübergang formal richtig erfolgt. Jedoch habe Richter Wolfgang Schuster dem Arbeitnehmerschutz eine besonders hohe Bedeutung zugedacht. Denn in jüngster Zeit hätten Unternehmen häufiger zu diesem Mittel gegriffen, um die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, so der Richterspruch.

Damit argumentiert Schuster im Sinne des AUA-Betriebsrats, der vor allem durch den Umstieg wegfallende Pensionsleistungen heftig kritisiert hatte.

„Es überrascht uns, dass der Richter mit seinem Urteil die gängige Praxis des Betriebsübergangs bei Konzern-Restrukturierungen insgesamt in Frage stellt“, sagt AUA-Chef Jaan Albrecht. Die AUA wird gegen das Urteil berufen und gleichzeitig die Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen neuen Kollektivvertrag fortsetzen.

In einer zweiten Stoßrichtung versucht die Gewerkschaft und der Bord-Betriebsrat zu klären, ob die Kollektivverträge nachwirken, sprich ob sie trotz des in Frage gestellten Betriebsübergangs weiterhin anzuwenden sind; und zwar so lange, bis ein neuer KV wirksam wird oder die betroffenen Arbeitnehmer Einzelvereinbarungen abgeschlossen haben. Eine Entscheidung dazu wird es nicht vor 2014 geben. Denn der Oberste Gerichtshof hat nämlich den Europäischen Gerichtshof eingeschalten, um einzelne Fragen dazu klären zu lassen. „Formal wird dieses Urteil durch die Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichts nicht beeinflusst“, hieß es seitens der AUA. „Aber es hat bestimmt Signalwirkung.“

Sanierung

Der Betriebsübergang war im Vorjahr ein zentraler Punkt des AUA-Sanierungskurses. Der Einmaleffekt betrug knapp 82 Millionen Euro. Was es hieße, wenn die AUA auch in den nächsten Instanzen verliert, wollte der Konzern unter Verweis auf die Verhandlungen nicht erläutern. Experten zufolge aber wäre der eingeschlagene Expansionsweg der Lufthansa-Tochter wieder gefährdet.

Die deutsche AUA-Mutter Lufthansa will bei den Betriebspensionen ihrer Mitarbeiter sparen. Der Konzern werde in den nächsten Tage formell den entsprechenden Tarifvertrag kündigen, sagte Lufthansa-Personalvorstand Peter Gerber am Montagnachmittag bei einer Telefonkonferenz. Der Vertrag laufe damit zum Ende des Jahres fristgemäß aus. Die Lufthansa befindet sich aufgrund der steigenden Konkurrenz durch Billigflieger sowie arabische und asiatische Fluggesellschaften mitten in einem tief greifenden Konzernumbau.