Zu wenig Kultur, zu viel Unterhaltung
Streit ums ORF-Programm: Zwei grundverschiedene Betrachtungsweisen einer Ansichtssache.
Die Programmausgewogenheit des ORF sei ungenügend, sagt die Kommunikationsbehörde (der KURIER berichtete). Laut KommAustria hat der ORF von Jänner 2010 bis August 2011 in seinen Fernsehkanälen "nicht dafür gesorgt, dass die Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstanden, wie es der im ORF-Gesetz formulierte, öffentlich-rechtliche Kernauftrag verlangt". In einem entsprechenden Bescheid (er ist nicht rechtskräftig) stellte die KommAustria gleich "mehrere Verletzungen des ORF-Gesetzes" fest. So war im genannten Zeitraum etwa die Kategorie Kultur mit einem Anteil von rund drei Prozent gegenüber der Kategorie Unterhaltung, die einen Anteil von über 50 Prozent aufwies, stark unterrepräsentiert. ORF eins hat laut Behörde sogar einen Unterhaltungsanteil von rund 80 Prozent.
Wahrnehmung
Der ORF hat eine völlig andere Wahrnehmung seines Programmes: "Der ORF erfüllt wie kaum ein anderer europäischer öffentlich-rechtlicher Sender seinen umfassenden Informations-, Kultur- und Unterhaltungsauftrag. Dies wird von Publikum und Experten gleichermaßen anerkannt", sagt ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz.
Ein Vergleich des Programms im untersuchten Zeitraum mit den Monaten Jänner bis August zeigt: Der überproportional hohe Unterhaltungsanteil ist nach wie vor da. Faschingstreiben mitten im Sommer suchten die Seher auch heuer wieder in Form von Sendungen wie "Narrisch guater Sommer" heim. Und auch der kritisierte Anteil von zugekaufter amerikanischer Serienware ist nicht gesunken. Der gesamte ORF eins kommt aus der Konserve. Und täglich grüßt "How I met your mother".
In den kommenden Wochen wird es nicht besser: Bereits nächsten Samstag wartet Florian Silbereisen mit dem "Herbstfest der Überraschungen" auf.
Vielfalt
Wird der Bescheid der KommAustria rechtskräftig, "wird der ORF seine Programmgestaltung sowohl im Hinblick auf die Ausgewogenheit des Gesamtprogramms als auch insbesondere hinsichtlich der inhaltlichen Vielfalt seiner Hauptprogramme überprüfen und gegebenenfalls anpassen müssen", sagt die Medienbehörde. Konkret heißt das, dass der ORF in diesem Fall seinen Unterhaltungsanteil auf ORF eins auf höchstens 66 Prozent reduzieren muss. "Wir werden verhindern, dass in Österreich Programm von der staatlichen Medienbehörde gemacht wird", war eine erste Reaktion des ORF-Generaldirektors Wrabetz.
Tipp: Ein erster Schritt wäre eine tägliche Kulturberichterstattung in der "Zeit im Bild".
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