Zechner: "Der April ist traditionell schwierig"
Von Christoph Silber
KURIER: Frau Direktor, die Marktanteilsentwicklung im April war für den ORF dramatisch. Warum war das so? Ist das das Erbe der Vorgänger-Führung, die auf die Champions League verzichtet hat?
Kathrin Zechner: Der ORF vollzieht eine Entwicklung nach, die andere öffentlich-rechtliche Sender, die länger in offenen Märkten bestehen müssen, schon vollzogen haben. Der April ist zudem nach Highlightmonaten mit Neujahrskonzert, Opernball, Fasching und Skirennen traditionell ein schwieriger Monat. Wir haben uns zum Start (vor fast eineinhalb Jahren) sehr genau überlegt, was wir tun müssen, um in Zeiten knapper werdender Finanzen auf diesem höchst kompetitiven Markt bestehen zu können. Der ORF fokussiert deshalb auf Programme, die den ORF unverwechselbar machen: Wir haben die Information in ORF2 um 45 Minuten ausgebaut, die Info-Kompetenz mit die ZiB-Magazin in ORFeins gestärkt, denken Sie an Dokus wie die Schladminger Bergwelten oder Serien von „Braunschlag“ bis „Cop-Stories“. Damit und noch mit vielen weiteren Programm-Leuchttürmen punkten wir beim Publikum.
Selbstverständlich spüren wir, dass wir auf ein Premiumprodukt wie die Champions League aus finanziellen Gründen verzichten mussten. Keine Frage. Dazu kommt die Marktsegmentierung, die dazu führt, dass die großen Sender verlieren und viele kleine gewinnen. Das ist aber eine internationale Entwicklung, die wir als Realität zur Kenntnis nehmen müssen und inhaltlich wie finanziell kreativ damit umgehen.
Das klingt, als wären keine Fehler gemacht worden. Das glaubt allerdings keiner.
Das ist ihr gutes Recht. Faktum ist aber auch, dass das klassische Medium Fernsehen einen Umbruch erlebt. Neben dem vermehrten Auftreten von Spartensendern wird das Internet immer wichtiger. Das ändert das Nutzungsverhalten von audiovisuellem Content, insbesondere der Jungen. Darauf müssen wir als Konzern und im Konzern reagieren. Und dafür brauchen wir die gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Wenn ORFeins im April in der Primetime bei ganz jungen Sehern fast sechs Prozent verliert, dann hat das auch andere Gründe.
Wir haben einfach andere Rahmenbedingungen, und unter diesen sind die Marktanteile nicht mehr zu halten. Wir können gewisse Zeitzonen nicht mehr so bedienen wie früher, weil wir unsere Investitionen fokussieren müssen. Zum Beispiel in „Undercover Boss“, das auch gegen die Champions League hervorragend bestanden hat mit mehr als 400.000 Zusehern. Oder mit den „Härtesten Jobs“. Beide Formate sollen deshalb im Herbst wieder an den Start gehen. Anderes, wie das „Einser-Team“, war nicht so erfolgreich, „Hast du Nerven?“ wiederum war für diesen Sendeplatz zu weiblich. Die Mehrheit der neuen Formate hat aber funktioniert.
Trotzdem werden Sie von manchen Journalisten geradezu zerbissen. Warum?
Zum einen polarisieren erfolgreiche Produkte und Produktherstellerinnen einfach mehr als unauffällige. Dann ist es für manche spannender, sich punktuell an einzelnen Tagen oder Sendungen zu bedienen, als sich der Komplexität des Thema Fernsehens zu widmen. Ich sehe das emotionsfrei, weil ich weiß, dass das, was wir mit den begrenzten Mitteln schaffen, hervorragend ist. Da muss auch mal ein Scheitern möglich sein. Der ORF hat im Gegensatz zu deutschen Sendern weder das Geld noch die Progammstrecken, um Piloten beim Publikum zu testen. Trotzdem haben wir und werden wir weiterhin viele Ideen auch umsetzen. So hoffe ich, dass wir die Mittel aufbringen können, um einen österreichischen Sitcom-Slot zu bauen. Innovation birgt immer ein gewisses Risiko, ich bin aber zuversichtlich.