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Eine Überdosis Gabalier

144 Minuten dauert die „Musikshow, die Grenzen sprengt“ bzw. die „Reise zu den Wurzeln des Volks-Rock’n’Roll" von und vor allem mit Andreas Gabalier. Dem Volks-Rock’n’Roller. Dem Einzigen übrigens. In der Steiermark, in Österreich, in Deutschland, in der Schweiz und sowieso auf der ganzen Welt (TV-Quoten siehe unten).

Und so kommt er nach Füssen. In Lederhose, die pink-karierte Sonnenbrille auf der Nase, den geweihverzierten Mikrofonständer in der Hand und singt „A liad für di“. Im Hintergrund hüpfen „Madln“ in Dirndln und Lederjacken auf und ab, vor der Bühne - zumindest in der ersten Reihe - tanzen sich „Zuckerpuppen“ in Dirndln - was auch sonst? - in Stimmung.

Weil es keinen Rock’n’Roll ohne Jukebox gibt, steht auch eine auf der Bühne. Bei dieser hat der junge Gabalier immer die G1 gedrückt, weil, da spielte sie dann Status Quo. Drum dürfen die Briten auch in Füssen rocken.

Vor fünf Jahren, erfährt man in einem Schwarzweiß-Einspieler, hat alles begonnen. Damals hatte der Gabalier noch keine Föhnwelle, noch kein Gel für sich entdeckt und wahrscheinlich noch keine Lederhose im Schrank. Dafür rennt er jeden Tag in „Rocky“-Manier den Grazer Schloßberg hinauf. Damals hat er auch beschlossen den „Volks-Rock’n’Roll“ in die Welt zu tragen und Jerry Lee Lewis zu treffen. Also eigentlich hat er das auf einem nebligen Berggipfel entschieden. Weil pathetischer fürs Fernsehen. Es folgt „Vergiss die Heimat nie“. Weil, es fehlt noch ein bisschen Pathos.

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Der Weg zum Rock’n’Roll führt über die Schweiz. Die Eidgenossen waren ja schon immer bekannt für Rock’n’Roll, man denke nur an die Alphörner. Gabalier trifft aber Stefanie Heinzmann und lässt „Proud Mary“ erklingen. Peter Kraus gesellt sich dazu und plaudert aus seinem Nähkästchen. Erzählt, wie er mit 15 in der Zeitung von Elvis Presley und seinen „unsittlichen Bewegungen“ las - ein Contest beweist, Kraus wackelt noch immer besser mit dem Popsch. Sie sind aber „nicht zum Hinternwackeln da“, drum singt Kraus ein Medley aus „Applaus Applaus“ (Sportfreunde Stiller), „Welt Retten“ (Tim Bendzko) und „Hammer“ (Culcha Candela). Kraus kann es noch immer - und singt eindeutig besser als die Sportis. Ein Highlight.

Zucchero kommt und lässt seine Stimme erklingen.

Ein Mann, der so tut, als wäre er Dieter Bohlen, macht unlustige Witze - es ist Matze Knop, leider nicht zum letzten Mal.

Es wird Zeit für die „ZuckerpuppeSarah Connor, dann für einen Abstecher nach Berlin zu The Boss Hoss, die wiederum nach Füssen gekommen sind.

Auf einer Open-Air-Bühne im Tageslicht stehen plötzlich die Volks-Street-Boys, angeblich bekannt als Voxxclub, und singen etwas, das sich anhört wie „Ziwui Ziwui“. Zum Geträller der folgenden „We will Rock You“-Musical-Crew rotiert Freddie Mercury wahrscheinlich im Grab, Gabalier aber schreitet im Kaisergewand eine Treppe herab. Da „jeder Depp in Österreich einen Titel hat“, wie Kaiser Robert Heinrich I. es klug beschreibt, wird er von selbigen, vertreten durch Seyffenstein, zum Ritter des „Volks-Rock’n’Roll“ geschlagen - damit Gabalier in Zukunft die Hymne auch richtig singt, bekommt er vom Seyffenstein die Kaiserhymne überreicht.

Mit „Rockerin“ Jeanette Biedermann grölt der frischgebackene Ritter „You Shook Me All Night Long“ von AC/DC. Die Australier haben es leider, leider nicht zur Aufzeichnung geschafft. Dafür die Scorpions, die ihr „Rock You Like A Hurricane“ mit Gabalier teilen.

Da Rock’n’Roll ohne Klassik nichts wäre, darf auch der verstorbene Pavarotti via Video ein Duett mit Zucchero zum Besten geben.

Der Weg nach Amerika führt Gabalier über Irland. Rea Garvey ist da. Und „die heißeste Entdeckung seit Lederhosen“. Imelda May heißt sie. „Was für eine Zuckerpuppe“, meint Gabalier. Singen kann sie übrigens auch, aber das ist ja Nebensache.

Endlich - es sind schon zwei Stunden vergangen - kommt der Steirer seinem Ziel näher und fährt in einem roten Ford Mustang - es muss tatsächlich jedes Klischee erfüllt werden - durch Memphis um Jerry Lee Lewis zu treffen. Bevor es soweit ist, muss der Gabalier aber noch „Let’s Rock“ von Elvis Presley und „Umbrella“ von Rihanna - ja, die gehört anscheinend auch zur Volks-Rock’n’Roll-Geschichte - vertonen.

Dann aber trifft er den ziemlich wortkargen „Killer“ tatsächlich. Er holt sich ein Autogramm und spielt ihm ein Lied. „Es hat Jerry Lee Lewis gefallen“, sagt Gabalier - „Ich will weg hier“, sagt der Blick von Lewis. Zum Glück wird er die „Volks-Rock’n’Roll“-Version von „Great Balls of Fire“ nie hören.

Zum Abschied lässt Gabalier noch einmal „I sing a Liad für di“ erklingen - doppelt hält besser - denn das Ziel ist eindeutig „Volks-Rock’n’Roll over the World.“

Und wer nach dieser Überdosis Gabalier noch nicht genug hat, kann die CD mit den Songs der Show kaufen, wie man in der anschließenden Werbung erfährt. Oder man wartet auf die nächste "Volks-Rock’n’Roll-Show“ - denn die kommt bestimmt.

Die Wiederkehr der großen Samstagabendshow hat Andreas Gabalier noch nicht geschafft. Die Quoten in Österreich und Deutschland waren durchwachsen: So sahen in der Bundesrepublik zwar immerhin 3,36 Mio. Menschen zu, am Ende reichte es aber nur für Platz vier: Den Sieg holte der ZDF-Krimi "Unter Verdacht", den 5,37 Millionen verfolgten. Mit einem Marktanteil von 21,4 Prozent lag der auch deutlich vor Gabalier, der 13,6 Prozent erreichte, was immerhin respektabel ist.

In Österreich erreichte die Show nur 550.000 Seher, wobei der Marktanteil bei guten 25 Prozent lag.