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Netflix startet im September in Österreich

Das lange Warten auf den Hype hat ein Ende: Netflix, der amerikanische Inbegriff von der Zukunft des Fernsehens über das Internet, hat seinen Starttermin für mehrere europäische Länder fix gemacht. Im September wird das Portal demnach in Österreich, der Schweiz, Frankreich, Belgien und Luxemburg online gehen.

Der Sender ist ein reines Online-Angebot und arbeitet mit einem ausgeklügelten Algorithmus, der jedem Seher ein individuelles Profil mit Programmvorschlägen erstellt. In den USA hat der Sender mittlerweile 35,1 Millionen zahlende Kunden und wurde damit zum Synomym für Streaming-TV. Außerhalb der Vereinigten Staaten sind es 12,9 Millionen, vor allem in Kanada und Lateinamerika. In Europa ist Netflix heute schon in Großbritannien, Irland und Skandinavien aktiv.

Keine Preisangaben

Zum Preis des Abonnements für Österreich und die übrigen neuen Märkte äußerte sich das Unternehmen in einer Geschäftsmitteilung nicht. In den USA kostet Netflix im Monat ab 7,99 Dollar (5,90 Euro). Damit können Kunden uneingeschränkt Serien und Filme schauen. Die Kündigung ist jederzeit mit ein paar Mausklicks möglich.
Netflix war 1997 gestartet. Zunächst dominierte der DVD-Verleih, mit der Verbreitung schneller Internetverbindungen schwenkte die Firma zum Streaming über. Zuletzt machte Netflix auch Furore mit Serien aus Eigenproduktion wie „House of Cards“ und „Orange Is the New Black“, die unter anderem für die diesjährigen Emmy-Fernsehpreise nominiert sind.

Zuletzt wuchs Netflix in seinen rund 40 Auslandsmärkten schneller als in der Heimat. Der Umsatz stieg im Halbjahr um ein Viertel auf 2,6 Milliarden Dollar. Der Gewinn vervierfachte sich im Jahresvergleich auf 124 Millionen Dollar. Der Kurs stieg nach der Ankündigung leicht an.

Der größte Hype im Fernsehgeschäft ist zweifellos das Ausstrahlen von Inhalten über das Internet. Kaum ein Sender, der ohne eine eigene Mediathek auskommt, die am Computer, Tablet oder Smart-Gerät abrufbar ist. Der radikalste Marktteilnehmer in dieser Hinsicht ist ohne Zweifel der US-Internetsender Netflix.

Paradigmenwechsel

Mit ihm zieht zugleich der Paradigmenwechsel im TV-Land Österreich ein. Die Programmplanung übernimmt dort nämlich der Computer. Ein Algorithmus bestimmt, wer die Zielgruppe ist und berechnet sich sein Publikum vollautomatisch und hocheffizient selbst. Lohnt es sich, die Rechte für eine obskure Krimiserie zu kaufen? Andernorts mögen die Programmplaner den Zeigefinger in den Wind halten, Netflix vermisst die Publikumslandschaft millimetergenau. Ist genug Abnehmerschaft in Sicht, wird gebucht. Willkommen beim Fernsehen 3.0.

Netflix stammt halb aus dem Silicon Valley, halb aus der Einflugschneise der Filmstudios, Los Angeles. Der eine Flügel in der Brutstätte der digitalen Moderne kümmert sich um die aufwendige Technik, die Herrschaften im Moloch L.A. verhandeln mit den Produzenten. Gegen eine monatliche Grundgebühr darf sich der Konsument dann via Internet in den digitalen TV-Strom einklinken.

Über 76.000 Schlagworte

Der spannendste Aspekt von Netflix steckt wie bei allen IT-Unternehmen im Maschinenraum. Der Internetsender hat nämlich einen umfassenden Schlagwortkatalog geschaffen, der in Film und Fernsehen keine Lücke offenlässt. Ein Reporter von Atlantic.com hat die verschiedenen Kategorien mit einem selbstgebastelten Programm abgefragt und kam auf sage und schreibe 76.897 Genres. Für die Zuordnungen ist ein eigenes Team professioneller Film- und Fernschauer tätig, das Material sichtet und nach einzelnen Aspekten kategorisiert. Wer sich etwa für Spionage-Action-Filme aus den 1930ern erwärmen kann, wird vom Computer mit Vorschlägen aus diesem Bereich versorgt, wer auf Chinesische Liebesfilme steht, ebenso. Schauen Sie gerne Hollywood-Blockbuster aus den 90ern? Netflix hat sicher eine eigene Kategorie für Sie.
Für den Seher bedeutet das: Individuelles Programm für jeden.

Sobald der Algorithmus den eigenen Geschmack erkannt hat, wird man mit Vorschlägen versorgt, die üblicherweise tatsächlich den Geschmack des Kunden trifft. Der Algorithmus regiert überall: Wenn Netflix eine eigene Serie produziert, etwa „House of Cards“, wertet der Computer aus, ob die Seherschaft dafür vorhanden ist. Das Inhalte-Geschäft Fernsehen automatisiert sich so ein Stück weit selbst. In den USA verfügt bereits jeder dritte Haushalt mit Breitbandanschluss über ein Konto bei Netflix.