Die Serie, die das Fernsehen veränderte
Von Karl Oberascher
Es ist mehr als nur eine Anekdote zur Genesis jener Serie, die von den Drehbuchautoren Hollywoods zur besten "der TV-Geschichte" gewählt wurde: Als Produzent David Chase Ray Liotta 1999 anbot, die Hauptrolle in einer neuen TV-Serie rund um einen Mafiaclan aus New Jersey zu spielen, noch dazu produziert von einem kleinen Kabelsender aus New York, soll dieser mehr oder weniger dankend abgesagt haben. Liotta, so ist überliefert, wollte sich nach seinem Erfolg mit "Goodfellas" lieber auf seine Karriere in Hollywood konzentrieren.
Umdenken
Ray Liottas Absage ist somit auch symptomatisch für eine Zeit vor HBO. Heute sind die Grenzen zwischen als "billig" verschrieener Fernseh-Unterhaltung und dem glamourösen Hollywood sind längst verschwunden.
Inzwischen reißen sich Schauspieler und Regisseure geradezu um Aufträge in Amerikas florierender TV-Branche. Siehe Oscarpreisträger Matthew McConaughey in "True Detective" oder Edel-Regisseur Martin Scorsese, der für HBO die preisgekrönte Serie "Boardwalk Empire" inszenierte.
An der Stelle von Ray Liotta wurde schließlich James Gandolfini verpflichtet, der den Mafiaboss Tony Soprano als zur Schwermut neigenden Melancholiker acht Staffeln lang verkörpern sollte. Am 19. Juni 2013, starb Gandolfini überraschend im Alter von nur 51 Jahren (siehe Info unten).
Bilder: Die Karriere des "Sopranos"-Stars
Alle Folgen
Anlässlich seines ersten Todestags lässt Sky Atlantic ein Stück Fernsehgeschichte noch einmal neu aufleben und zeigt ab Montag, 22.6., 17.00 Uhr, noch einmal alle Folgen der "Sopranos". Dazu sind alle Staffeln auch auf Snap by Sky, dem Online-Streaming-Dienst des Bezahlsenders, abrufbar, was die Kultserie 16 Jahre nach ihrem Start auch noch an der nächsten TV-Revolution teilhaben lässt: Als Reaktion auf die durch Online-Streaming veränderten Sehgewohneiten der TV-Nutzer, die nicht mehr eine Woche auf eine neue Episode warten wollen, sondern lieber alle Folgen auf einmal sehen, stellen Streaming-Dienste wie Netflix alle Folgen ihrer Serien gleichzeitig ins Netz. In den USA gibt es dafür sogar schon ein eigenes Wort: "Binge Watching", zu Deutsch vielleicht am besten mit "komaschauen" zu übersetzen, ist dort der neue Trend.
Ray Liotta lehnte übrigens auch ein zweites Rollenangebot von David Chase ab. Erst 2010 wagte er dann doch noch den Schritt ins TV – als Schuldirektor in der Kinderserie "Hannah Montana".
1997: „OZ“
Richtungsweisend, aber ein Flop.
1999: „Sopranos“
HBO landet den Hit.
2002: „The Wire“
Milieuserie mit großer Fangemeinde.
2008: „Breaking Bad“
Sender wie AMC orientieren sich am HBO-Vorbild.
2011: „Game of Thrones“
Auf dem Thron der Seriengegenwart.
Er war ein Mörder, ein Erpresser, Nachtclubbesitzer und übergewichtiger Schwerenöter, der seine wunderbare Frau Carmela (Edie Falco) betrog, wie es ihm passte. Einer, der es zuwege brachte, seinen eigenen Schwager zu erschießen. Mit der Schrotflinte aus drei Metern Entfernung. Ein typischer Mafiaboss war Tony Soprano aber nicht. Denn man konnte ihm vergeben. Mehr noch: Man musste ihn einfach lieben. Diesen Melancholiker, der wegen seiner Probleme in der Arbeit zur Psychiaterin geht. Mit der Rolle des psychisch labilen Mafiabosses gelang dem bis dahin weitgehend unbekannten James Gandolfini der Durchbruch. Die Rolle war ihm auf den Leib geschrieben. Für seine Darstellung wurde er mit drei Emmys ausgezeichnet.
Nach dem Serien-Ende 2007 spielte Gandolfini in ausgesuchten Hollywood-Produktionen, war in "Killing Them Softly" an der Seite von Brad Pitt und in "Zero Dark Thirty" zu sehen. Immer gewaltig im Auftreten, fein im Spiel. Vergangenes Jahr, am 19. Juni, starb er völlig überraschend im Alter von 51 Jahren an einem Herzinfarkt.