Selbstversuch: Schwuler TV-Arzt will sich "heilen" lassen
Von Karl Oberascher
Als TV-Arzt machte Christian Jessen in England Karriere. Der 36-Jährige präsentiert Magazine wie "Embarrassing Illnesses" und "Supersize vs. Superskinny". Er gibt Diättipps und klärt über peinliche Krankheiten auf. Der ganz normale Wahnsinn im Doku-TV eben. Mit seiner neuen Show sorgt er jetzt aber für Aufregung. In "Cure me, I'm gay" - "Heile mich, ich bin schwul" - hat Jessen die "unheimliche Welt der Homosexuellen-Heilung" untersucht, wie er selbst in einem Tweet mitteilte.
Der bekennende Homosexuelle will damit die vermeintlichen Wunderheiler entlarven. Denn der Markt der - zum Großteil religiös motivierten - Heiler und Bekehrer boomt.
Selbstversuch
Wie Spiegel Online berichtet, soll Jessen in seiner Dokumentation "Therapie"-Formen getestet haben, die so in den Großbritannien und den USA angewandt wurden oder noch immer werden. Die Bandbreite ist groß: Zu den "kreativen" Methoden gehören Elektroschocks, Hypnose, Teufelsaustreibungen oder Bordellbesuche. Eine Methode nimmt sogar Anleihen an der berühmten Szene aus Stanley Kubricks "Clockwork Orange" ("Uhrwerk Orange"): Unter dem Einfluss von Übelkeit verursachenden Experimenten werden dem "Patienten" homoerotische Bilder gezeigt.
Für seine Dokumentation interviewte Christian Jessen außerdem Menschen, die von sich behaupten, sie wären tatsächlich von ihrer Homosexualität "geheilt" worden und hätten sich auf wundersame Weise heterosexuell geworden. Laut dem britischen Independent, lässt sich Jessen im Finale dann selbst testen. In einem "sexuellen Lügendetektortest" würden seine Augenbewegungen sowie seine Erektion getestet.
Homophobie
Dass überhaupt eine Nachfrage nach diesen zwielichtigen Angeboten besteht, zeigt auf wie wenig Akzeptanz Homosexualität in Teilen der Gesellschaft noch immer stößt. Homosexuelle fühlen sich bedrängt, ausgegrenzt, bedroht und verfolgt.
In einem Interview mit "Ditch the Label" berichtete Jessen, selbst mit homophoben Kommentaren von seinen Ärzte-Kollegen konfrontiert gewesen zu sein. Eine Ablehnung, die sich in Zeiten sozialer Medien sogar quantifizieren lässt: Als er in einem Interview mit Channel 4, wo "Cure me, I'm gay" im März zu sehen sein wird, über seine Sexualität sprach, verlor Jessen binnen weniger Minuten 500 Follower auf Twitter.