ORF III: Gesamtbudget verdoppelt
Der ORF-Spartensender ORF III ist nach 18 Monaten on air den Babyschuhen entwachsen. "Peter Schöber und seinem Team ist gelungen, eine neue Qualität in Österreichs Fernsehlandschaft zu bringen", freute sich ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz Donnerstagabend bei der Programmpräsentation von ORF III in Wien. Der Kultur- und Informationssender erreicht mittlerweile bis zu 500.000 Seher täglich, wobei die Quote laut Geschäftsführer Schöber "nicht im Vordergrund steht. Eines ist aber klar: Wir brauchen Relevanz am Markt."
Ausgewogene Mischung
Diese will man auch in den kommenden Monaten mit einer ausgewogenen Mischung aus kulturellen Beiträgen, ausführlicher Berichterstattung von Großevents wie den Salzburger Festspielen, nationalen wie internationalen Filmhighlights sowie politischen und zeitgeschichtlichen Formaten erreichen. Fortgesetzt wird etwa die Neuauflage von Hugo Portischs Doku "Österreich I", die pünktlich zum zweiten Geburtstag des Senders am 26. Oktober in die zweite Runde geht. Ebenfalls neu dabei: Andre Hellers Gesprächsreihe "Menschenkinder" oder der Polittalk "60 Minuten Politik".
Acht statt bisher vier Millionen Euro Budget
Dass der beschrittene Weg vorerst aufgeht, belegt laut ORF auch die finanzielle Situation: Das Jahresbudget wurde von vier auf knapp acht Millionen Euro verdoppelt. "Es ist wichtig, kontinuierlich zu investieren", erklärte Wrabetz der APA am Rande der gut zweistündigen Vorschau auf die Programmhighlights der kommenden Monate. "Das Programm ist aber nach wie vor sehr effizient gemacht, gerade wenn man bedenkt, was andere Sender im Kulturbereich machen."
Dem stimmte Schöber zu: "Das Budget ist überschaubar, aber ambitioniert für ein ambitioniertes Produkt." Darüber hinaus habe es für verschiedene Projekte mitunter eine Sonderfinanzierung gegeben, denn: "Ohne Geld geht es nicht", so der Geschäftsführer gegenüber der APA. Er gab aber ebenso wie der Generaldirektor erneut zu bedenken, dass sich bei Ausbleiben einer Fortsetzung der Gebührenrefundierung einiges ändern könnte. "Dann wird dieses Niveau nicht zu halten sein", so Wrabetz. Aber: "ORF III ist ein Erfolgsprodukt und wird nicht infrage gestellt."
Arte als "Benchmark"
Bezüglich des Seherzuspruchs sieht Wrabetz wiederum "eine gute Reiseflughöhe" erreicht. "Wenn wir die konsolidieren können, das wäre das Ziel. Und dass es sich so verfestigt, dass die Kerngruppe hier ihre Fernsehheimat findet - ähnlich wie wir es im Radio mit dem Ö1-Publikum haben." Immerhin sei man in den vergangenen 18 Monaten auch der "schnellstwachsende Sender im deutschsprachigen Raum" gewesen. Für Schöber gilt nach wie vor der deutsch-französische Kultursender Arte als "Benchmark" - und diesen habe man, was den Publikumszuspruch betrifft, bereits überholt.
Allerdings ist man sich bewusst, dass man als gänzlich kultur- und informationsbezogener Sender in einem "begrenzten Becken" fischt. "Wer sich nicht für Kunst, Kultur, Wissenschaft oder Zeitgeschichte interessiert, braucht bei uns eigentlich nicht einzuschalten." Immerhin habe man eine großen Vorteil: "Ein Vollprogramm muss mehrheitsfähig sein. Wir nicht."
Musik und Klassik: Am 12. April steht ein Programmschwerpunkt zum Linzer Musiktheater an, u.a. mit der Live-Übertragung der Uraufführung von Philip Glass' Oper "Spuren der Verirrten" nach dem Theaterstück von Peter Handke. Sonderprogramme gibt es ebenfalls anlässlich der Jubilare Wagner und Verdi: Fans dürfen von beiden Komponisten sämtliche Opern genießen. Und auch sommerliche Kulturfixpunkte wie die Salzburger Festspiele, die styriarte oder die Opernfestspiele in St. Margarethen werden begleitet. Für Popmusikaffine gibt es am 15. August einen "Day of Rock" mit Konzerten von den Rolling Stones bis U2.
Kunst und Kultur: Das Format "erLesen" bietet im Frühsommer Spezialausgaben zu Gottfried Helnwein, Hermann Nitsch, Erwin Wurm und Gustav Peichl. Im "KulturWerk" darf Barbara Rett wiederum heimische Größen wie Christiane Hörbiger oder Klaus Maria Brandauer begrüßen, und der Österreichische Filmpreis sowie die Nestroy-Gala werden live begleitet. Neu sind Andre Hellers "Menschenkinder": Ab Herbst darf man ausführlichen Gespräche mit u.a. Alfred Gusenbauer, Johanna Maier oder Oscar Bronner lauschen.
Film: Die etwas andere Filmauswahl verspricht die "kult.film"-Reihe, die im Sommer von Robert Dornhelm kuratiert wird. Dass auch das heimische Filmschaffen nicht zu kurz kommt, stellen nicht nur ausgewählte Werke, sondern auch Schwerpunkte zu den Festivals Diagonale und Viennale sicher. Und gemeinsam mit dem Kulturministerium widmet man sich der Nachwuchsförderung: Für das Projekt "5 x 50" sollen fünf Nachwuchsfilmer, die mittels zweistufigem Verfahren ausgewählt werden, ihre Projekte realisieren können. In der Jury sitzt dabei u.a. Filmemacher Karl Markovics.
Information und Politik: Dass ausführlichen Gesprächen auf ORF III Platz gegeben wird, wird ab 11. April das neue Talkformat "60 Minuten Politik" unterstreichen. Chefredakteur Christoph Takacs will dabei, unterstützt von Kollegen aus dem Printbereich, Politikern auf den Zahn fühlen, und zwar abseits "parteipolitischen Hickhacks". "Wir wollen hier versuchen, den Menschen Sachpolitik näher zu bringen. Es wird aber kein Schulfernsehen werden." Gesondert betrachtet wird mittels Dokus, Interviews und Einblicken aus dem Forum Alpbach auch die Finanzwirtschaft. Im bewährten "Science Talk" begrüßt Barbara Stöckl u.a. Wissenschafter wie Renee Schröder oder Carl Djerassi.
Dokumentationen und Zeitgeschichte: Den Erfolg der Neuauflage von Hugo Portischs "Österreich I" - neben Zuschauerrekord für ORF III gab es für die DVD-Edition bereits nach drei Tagen Platin für 10.000 verkaufte Exemplare - will man mit "Österreich II" ab 26. Oktober fortsetzen. Internationaler wird es mit Dokus zu der Entwicklung Lateinamerikas im 20. Jahrhundert, dem Jom-Kippur-Krieg oder einem historischen Blick nach Korea. Ebenfalls ausführlich behandelt werden sollen der Online-Gigant Google, die Ölkrise anlässlich ihres 40. Jahrestags sowie große Entdecker und Abenteurer - von James Cook bis Alexander von Humboldt.