Oberst Redl: "Ein Schock, denkunmöglich"
Von Anna Gasteiger
Der Sendeplatz ist vielleicht nicht ganz ideal. Denn während ORF 2 im Rahmen von „Universum History“ die neue eigenproduzierte Doku „Leidenschaft und Verrat: Oberst Redl – Der Jahrhundertspion“ zeigt, beginnt auf ORFeins „Dancing Stars – Die Entscheidung“. Nun, es soll auch Menschen geben, die sich für die Promi-Hüpferei nicht interessieren.
Der Redl-Film beginnt – am Ende. In der Nacht vom 24. auf den 25. Mai 1913, also vor genau 100 Jahren. „In der Wiener Innenstadt warten mehrere Herren hohen militärischen Rangs darauf, dass sich einer der ihren erschießt,“ heißt es im Off-Text. Oberst Alfred Redl, wenige Stunden davor des Hochverrats überführt – er hatte über Jahre militärische Geheimnisse der k. u. k. Armee an Russland verkauft –, wurde in den Morgenstunden für tot erklärt. Doch der Versuch, den Skandal zu vertuschen, misslang. Der „rasende Reporter“ Egon Erwin Kisch berichtete bereits zwei Tage später darüber. In Form eines Dementis, um die Zensur zu umgehen: „Es wäre unrichtig, daß Redl wegen Spionage für Rußland Selbstmord begangen habe ...“.
Der Fall Redl – ein Generalstabsoffizier ist schwul und ein Spion –, habe die Donaumonarchie zutiefst erschüttert, sagt Gerhard Jelinek. „Das war für die herrschenden Schichten ein richtiger Schock, denkunmöglich. Die psychologische Wirkung war viel gravierender, als was er tatsächlich verraten hat.“ Die Unterlagen über den Fall seien äußerst bescheiden. Sogar der Historiker Gerhard Jagschitz, Enkel von Redls Nachfolger Max Ronge, „hat nur dessen Tagebuch. Da steht der Name Redl und ein Kreuz daneben. Sonst nichts. Es war alles auf Vertuschung angelegt.“