Der Nachgeschmack von Whiskey und Zigarren
Von Karl Oberascher
Endlich durften Männer wieder Frauen an den Po grapschen, rauchen, Whiskey trinken, und – wenn die Gesundheit gar nicht mehr mitmachte – sich in die Arme ihrer Sekretärinnen flüchten.
Unter dem Motto "Man wird ja wohl noch schauen dürfen" wurde "Mad Men" ab 2007 zum Serienhit, Hauptfigur Don Draper (Jon Hamm) zum Prototypen des Machos, der Political Correctness nicht einmal vom Hören-Sagen kennt und ebensoviele Frauen im Bett wie Seidenkrawatten im Kasten hat.
Acht Jahre, sieben Staffeln, vier Emmys als beste Dramaserie (2008–2011) und Dutzende 1960er-Jahre-Mottopartys mit Cocktailkleid und Zigarettenspitz später läuft nun in den USA die letzte Folge von "Mad Men" (Montag auf Sky Go).
Dass der Applaus am Anfang oft auch von der falschen Seite kam, ist dabei längst vergessen. Die "Mad Men", jene legendär gewordenen Werbeprofis von der namensgebenden New Yorker Madison Avenue, mussten ihre Welt nicht kommentieren, um zu zeigen, dass das, was damals gang und gäbe war, heute gar nicht mehr geht – und eigentlich auch in den 60ern schon schwer auszuhalten war. Nicht nur für die Frauen.
Das ist das große Verdienst dieser Serie.
Das und die unerreichte Detailtreue – von der Mode über die Zigarettenmarke bis hin zu den Original-Werbekampagnen aus jener Zeit –, mit der Matthew Weiner eine Epoche wieder ins Gedächtnis rief, die schon längst überwunden geglaubt war.
Der Produzent hatte schon bei den "Sopranos" seine Hände im Spiel und dort gelernt, dass es sich lohnt eine Serie so authentisch wie möglich zu erzählen.
Frisch rasiert
Und so ist Don Draper – angelehnt an den legendären Werbemann Draper Daniels, den es so wirklich gegeben haben soll – ebenso verschlossen wie er verraucht und versoffen ist. Latent depressiv, unfähig zu Beziehungen – dafür immer frisch rasiert.
Für die 92 Episoden, die die Serie am Sonntag dann umfassen wird, war das dennoch zu wenig. "Mad Men" litt wie Don Drapers Exfrau Betty unter starken Stimmungsschwankungen – und hatte spätestens ab Staffel sechs eine echte Midlife-Crisis. Inhaltlich, weil ein Mann wie Don Draper mit der Hippie-Bewegung so gar nichts anfangen konnte. Und in der Außenwirkung, weil sich andere Serien wie "Breaking Bad" und inzwischen "Game of Thrones" mit ihrer weniger subtilen Boshaftigkeit in den Vordergrund spielten.
Zum Abschluss will Heimsender AMC für seine Erfolgsserie aber noch einmal die guten Zigarren herausholen. Seit Mittwoch laufen alle Folgen am Stück. Dass "Mad Men" am Sonntagabend ein gutes Ende nehmen wird, glaubt kaum jemand. Nach dem Rausch kommt die Ernüchterung. Nach den 60ern die 70er. Und Don Draper steht einfach nicht auf Disco.